Viel gute Musik für wenig Geld
Das Label "Blind Pig Records" gehört neben "Delmark Records", "Alligator Records" und dem deutschen "Ruf Records" zu den wichtigen aktiv betriebenen Blues-Labels. "Blind Pig Records" wurde 1977 in Ann Arbor, Michigan von Jerry Del Giudice, dem Inhaber des gleichnamigen Cafés und dessen Freund Edward Chmelewski gegründet. Heute hat das Label seinen Sitz in San Francisco.
Wie die vorgenannten Labels feiert "Blind Pig Records" seine runden Geburtstage mit der Veröffentlichung prallgefüllter DCDs mit Beiträgen ihrer unter Vertrag stehenden Künstler. Bereits früher erschienen die 20TH ANNIVERSARY COLLECTION (1997), die 25TH ANNIVERSARY COLLECTION (2001) und die 30TH ANNIVERSARY COLLECTION (2006). Die im September 2017 veröffentlichte 40TH ANNIVERSARY COLLECTION soll Anlass sein, kurz auf alle 34 Songs und ihre Interpreten, von denen 12 bereits verstorben sind, einzugehen:
Disc 1
Magic Slim, richtiger Name Morris Holt (* 7.8.1937 in Torrence, Mississippi - † 21.2.2013 in Philadelphia, Pennsylvania), einer der größten Vertreter des intensiven, "elektrischen Mississippi-To-Chicago-Blues", der etliche Alben für "Blind Pig Records" aufgenommen hat, eröffnet den Sampler mit "Gambling Blues", einem ty-pischen Chicago Blues, von seinem letzten Album vor seinem Tod, BAD BOY (2012).
Der Pianist Victor Wainwright, Jahrgang 1981, stammt aus Savannah, Georgia. Seine Stimme bezeichnet das "Blues Magazine" als "male version of Janis Joplin". Andere Experten erinnert sein Gesang bei "Boom Town" vom gleichnamigen Album aus dem Jahr 2015 an Dr. John.
Albert Cummings, 1967 in Williamstown, Massachusetts geboren, spielt eine Gitarre im Stil von SRV. Sein Beitrag "No Doubt", ein Blues Rocker vom Album SOMEONE LIKE YOU (2015) klingt stark nach Jimi Hendrix.
Poppa Chubbys (* 31.3.1960 in New York City, bürgerlich Theodore Joseph Horowitz) "Hey Joe" ist Jimi Hendrix pur. Der Applaus am Ende des Songs ist verdient. Der Live-Track stammt vom Album ESSENTIAL POPA CHUBBY von 2010.
Bluesharp-Virtuose Walter "Shakey" Horton (* 6.4.1918 in Horn Lake, Mississippi - † 8.12.1981 in Chicago) braucht man Bluesfans nicht vorzustellen. "Everybody's Fishin'" ist eine Komposition von Memphis Minnie aus dem Jahr 1932. Walter Hortons Version ist der älteste Song auf dem Sampler und stammt vom 1977er Album FINE CUTS.
Die Bluesgitarristin, Songwriterin und Sängerin Deborah Coleman, die ursprünglich aus Portsmouth, Virginia stammt, starb 2018 61-jährig an den Folgen einer Lungenentzündung. Zehn Mal war sie für einen "Blues Music Award" nominiert, die Auszeichnung hat sie aber nie gewonnen. Ihr "I'm A Woman" vom Album SOFT PLACE TO FALL (2000) ist das Gegenstück zu Bo Diddleys Komposition "I'm A Man".
Über den Harpspieler James Cotton (* 1. 7.1935 in Tunica, Mississippi - † 16.3.2017 in Austin, Texas) und den Song "Dust My Broom", eine der am häufigsten gecoverten Blues-Komposition, braucht man ebenfalls kein Wort zu verlieren. Cottons Version stammt vom Album TAKE ME BACK aus dem Jahr 1988.
Mit Otis Rush (* 29.04.1934 in Philadelphia, Mississippi - † 29.09.2018 in Chicago) folgt eine weitere Blueslegende. Otis Rush, der die letzten Jahre seines Lebens nach einem Schlaganfall, den er 2003 erlitten hatte, im Rollstuhl saß, zählt neben Buddy Guy zu den wichtigsten Gitarristen, die die britische Bluesszene Mitte der 60er beeinflussten. Seine Fassung des Bluesstandards "Crosscut Saw" stammt vom Live-Album TOPS (1988), aufgenommen auf dem San Francisco Blues Festival am 15.9.1985.
Der Bluesrock-Sänger und -Gitarrist Elvin Bishop (* 21.10.1942 in Glendale, Kalifornien) präsentiert das Instrumental "Stomp" mit donnernden Drums und schneidender Gitarre vom Album BOOTY BUMPIN' (2007), live aufgenommen am 3.12.2006 im Restaurant & Blues Club "Constable Jack's" in Newcastle, Kalifornien.
Die Altered Five Blues Band aus Milwaukee besteht seit über 15 Jahren, war aber lange nur ein Geheimtipp. "Charmed And Dange-rous" vom gleichnamigen Album (2017) wird von der kräftigen Soulstimme Jeff Taylors und dem Gitarrensound Jeff Schroedls, der mehr Rock als Blues ist, dominiert.
Das "Living Blues Magazin" bescheinigte der gutaussehenden Frau mit den blonden Haaren, Sena Ehrhardt, geboren und aufgewachsen in der Gegend von Minneapolis, Minnesota, eine der dynamischsten jungen Stimmen seit langem. Beim Slowblues "Last Chance" vom Album LEAVE THE LIGHT ON (2011) gefällt neben der rauen, hellen Stimme Senas, besonders Vater Ed Ehrhardts feines Gitarrenspiel.
Damon Fowler, ein aus Brandon, Florida stammender Meister an den sechs Saiten, der schon mit Johnny Winter, Jeff Beck und Duane Allman verglichen wurde, ist mit dem von der Slide-Guitar geprägten "Thought I Had It All" aus seinem 2014er Album SOUNDS OF HOME auf dem Sampler vertreten.
Kenny Neal (* 14. Oktober 1957 in New Or-leans) ist der älteste Sohn der Louisiana-Mundharmonika-Legende Raful Neal. Die Komposition des Swamp-Blues "Old Friends" stammt von seinem Vater, der diesen Song bereits 1998 auf dem gleichnamigen Album herausgebracht hat. Kenny Neals Version erschien 12 Jahre später auf dem Album HOOKED ON YOUR LOVE.
Charlie Musselwhite (* 31.1.1944 in Kosciusko, Mississippi), ein Schüler Big Walter Hortons, der mit Legenden wie Muddy Waters, Howlin' Wolf und John Lee Hooker spielte, ist einer der weltweit besten Bluesharp-Spieler. Bei seinem Country Blues-Instrumental "Chicago Sunset" vom Album THE HARMONICA ACCORDING TO CHARLIE MUSSELWHITE (1994) wird er lediglich von Sam Mitchell auf der Acoustic Guitar begleitet.
Eddy "The Chief" Clearwater (* 10.1.1935 in Macon, Mississippi - † 1.6.2018 in Skokie, Illinois), richtiger Name Edward Harrington, gehörte seit Anfang der 50er Jahre zur Bluesszene Chicagos. Sein Repertoire reichte vom Blues, Soul und Rock'n'Roll bis zum Hillbilly. "Crossover" ist ein Rock'n'Roller vom Album HELP YOURSELF (1992).
Joe Willie "Pinetop" Perkins (* 7.7.1913 in Belzoni, Mississippi - † 21.3.2011 in Austin, Texas) begab sich 1986 mit 73 Jahren ins Studio um "Just Keep On Drinkin'" aufzunehmen. Der Song, auf dem er sich lediglich auf dem Klavier begleitet, erschien erst 2012 auf seinem Album HEAVEN.
Commander Cody & the Lost Planet Air Men, 1969 gegründet, waren eine amerikanische Countryrock-Band. Der tradional Bar-Closing-Song "Last Call For Alcohol" stammt von ihrem letzten Album DOPERS, DRUNKS AND EVERYDAY LOSERS von 2009.
Disc 2
Muddy Waters, eigentlich McKinley Morganfield, (* 4.4.1913 in Rolling Fork, Mississippi - † 30.4.1983 in Westmont, Illinois) ist einer der Urväter des Chicago Blues der Nachkriegszeit und eine zentrale Gestalt in der Geschichte des Blues. Sein Klassiker "Got My Mojo Wor-king" wurde 1971 in der University of Oregon in Eugene aufgenommen und auf THE LOST TAPES (1999) veröffentlicht.
Big Bill Morganfield (* 19.6.1956 in Chicago) ist der Sohn von Muddy Waters und Mary Brown (Boggs), hatte allerdings wenig Kontakt zu seinem Vater und wuchs bei seiner Großmutter in Fort Lauderdale, Florida, auf. "You're Gonna Miss Me" mit Special Guest Taj Mahal, der letzte Track auf Big Bills drittem Album RAMBLIN' MIND (2001), ist ein "Muddy Waters blues type" mit einem Touch von "I Just Can't Be Satisfied".
John "Webb" McMurry alias Webb Wilder (* 19.5.1954 in Hattiesburg, Mississippi) nahm seinen "Human Cannonball" mit seiner Band The Beatnecks am 19.8.2005 live im WorkPlay Theatre in Birmingham, Alabama auf. Der wilde Rocker der Drei-Gitarren-Armee stammt vom Album BORN TO BE WILDER von 2006.
Tommy Castros (* 15.4.1955 in San José, Kalifornien) ist ein vom Blues und Southern Soul beeinflusster Sänger und Gitarrist. "It's That Time Again" vom Album PAINKILLER (2007) ist Southern/Blue-Eyed Soul vom Feinsten: Klasse Vocals und Bläser.
Deanna Bogart (* 5.9.1959 in Washington, D.C.) ist eine vom Jazz beeinflusste, preisgekrönte Tenorsaxofonistin, Pianistin, Sängerin und Komponistin. "In the Rain" ist ein jazziger Uptempo-Shuffle mit Piano-Beleitung von ihrem Album PIANOLAND (2012).
Die auf "Chicago-style blues from the 1940s and 1950s" spezialisierten Cash Box Kings aus Chicago, Sänger und Harmonica-Player Joe Nosek und Sänger Oscar "43 Street" Wilson, sind auf dem Sampler mit dem flotten "Baby Without You" von ihrem Album HOL-DING COURT (2015) vertreten. Ihr Name ist eine Reminiszenz an die Musikfachzeitschrift Cash Box, die von 1942 bis 1996 publiziert wurde.
Luther Allison (* 17.8.1939 in Widener, Arkansas - † 12.8.1997 in Madison, Wisconsin) lebte ab 1977 15 Jahre in Frankreich. Dort enstand mit Unterstützung französischer Begleitmusiker das Album SERIOUS Aka LIFE IS A BITCH (1984), von wo der Song "Let's Try Again", ein herrlicher Slowblues im Stil des "Chicago Blues der alten Schule" stammt.
Smokin' Joe Kubek (* 30.11.1956 in Grove City, Pennsylvania - † 11.10.2015) wuchs in Texas in der Gegend von Dallas auf, wo er seinen langjährigen Partner Bnois King (* 21.1.1943 in Delhi, Louisiana) kennenlernte. "Diamond Eyes" ist eine Ballade mittleren Tempos im texanischen Roadhouse-Stil von dem nach einem Laden in einem verrufenen Teil von Dallas benannten Album FAT MAN'S SHINE PARLOR (2015).
William Zach "Zac" Harmon, der Mann mit der "ultimativen Rhythm'n'Blues-Stimme", stammt aus Jackson, Mississippi. Sein "Raising Hell", ein Party-Kracher vom Album RIGHT MAN RIGHT NOW (2015) hat ein wenig Chicago-Style von Lucky Peterson an der Orgel und Texas Blues von Anson Funderburgh an der Gitarre.
John Grimaldi, besser bekannt als Studebaker John (* 5.11.1952 in Chicago) wurde durch Hound Dog Taylor inspiriert Gitarre zu erlernen. Sein Beitrag "Blue Feelin'" vom 1995er Album OUTSIDE LOOKIN' IN erinnert von den Vocals und dem Gitarrenspiel an Peter Green.
Rod Piazzas (* 18. 12.1947, Riverside, Kalifornien) "Frankenpop" ist ein wildes Blues-harp-/Saxofon-Instrumental vom Album EMER-GANCY STATION (2014).
Mitch Woods (* 3.4.1951 in Brooklyn, New York) ist wie der Song "Chicken Shack Boogie" und der Name des dazugehörigen Albums MR. BOOGIE'S BACK IN TOWN (1988) nahelegt, ein Boogie-Woogie-Pianist und Sänger.
Harp-Master Billy Branch, eigentlich William Earl Branch (* 3.10.1951 in Chicago), ist seit seiner Entdeckung durch Willie Dixon im Jahr 1969 eine feste Größe in der Chicagoer Bluesszene. Sein traditionell klingendes "Back Alley Cat", ist ein Instrumental in mittlerem Tempo von dem Album BLUES SHOCK (2014) mit den Sons of Blues .
"Andy T" Talamantez stammt aus Süd Kalifornien und zog 2008 nach Nashville. Sein Gitarren-Stil ist von T-Bone Walker, B.B. King, Magic Sam und Albert Collins beeinflusst. Der Sänger Nick Nixon ist seit mehr als fünfzig Jahren ein fester Bestandteil der Musikszene in Nashville. "Shut The Front Door" von Andy T & Nick Nixon ist ein "jumping cut" vom Album NUMBERS MAN (2015)
Southern Hospitality ist die Zusammenarbeit von Victor Wainwright (Disc 1, Track 2) und Damon Fowler (Disc 1, Track 12). Das Slide-geprägte "Southern' Livin'" vom viel gepriesenen Album EASY LIVIN' (2013) country-rockt Lynyrd Skynyrd-mäßig.
Hubert Sumlin (* 16.11.1931 in Greenwood, Mississippi - † 4.12.2011 in Wayne, New Jersey) war Howlin' Wolfs Gitarrist von Anfang der 50er Jahre bis zu Wolfs Tod im Jahr 1976. Begleitet von James Cotton auf der Bluesharp spielt Hubert Sumlin von seinem Album HEART AND SOUL aus dem Jahr 1989 den Klassiker seines Mentors "Sittin' On The Top Of The World".
Otis Clay (* 11.2.1942 in Waxhaw, Bolivar County, Mississippi - † 8.1.2016 in Chicago), der 2013 in die "Blues Hall of Fame" der Blues Foundation aufgenommen wurde, war Blues-, Soul- und Rhythm'n'Blues-Sänger, dessen Wurzeln in der Gospelmusik liegen. Der wunderschöne Gospelsong "When the Gates Swing Open" sowie der Name des dazugehörigen Albums THE GOSPEL TRUTH (1993) bezeugen seine Gospelroots.