Viel Passionsmusik (drei Passionsmusiken im gemeinsamen Kommentar)
Nicht alles, was zur Passion aufs Notenpapier geschrieben wurde, lohnt gleich eine Produktion auf CD.
Im ohnehin mit Passionsmusiken reichlich bestückte cpo-Katalog sollte man sich hüten, Masse vor Klasse rangieren zu lassen.
Noch ist es nicht soweit. Aber wenn in zwei Monaten allein vier(!!) Passionsmusiken veröffentlicht wurden - davon in diesem Monat allein drei, die hier kommentiert werden sollen -, dann muss man nach der Berechtigung fragen dürfen. Nicht immer genügt die Entdeckerfreude oder die Freude an einer Ersteinspielung. In den neu vorliegenden drei Produktionen verhalten sich die Dinge unterschiedlich: Bei der Johannes-Passion von Händel handelt es sich gar um ein Werk, dessen Händel-Autorenschaft in Frage gestellt wird. Trotzdem ist es ein kompaktes, mit manchen dramatischen Szenen durchsetztes Stück, das eine Aufführung wert ist. Ob man es denn Bachs Opus Magnum vorziehen würde? Neugierige vielleicht, die sich auch an den hervorragenden Interpreten und einer zügigen Interpretation erfreuen wollen. Anders wieder Wolfs Passionsoratorium, das ganz auf Dichtungen, nicht auf biblischen Texten beruht, aber auch eine Besonderheit hat: Wolf hat die Partitur nie zu Lebzeiten veröffentlicht und vielleicht rechtfertigt diese Pioniertat eine Veröffentlichung, die den bei cpo bestens bekannten Interpreten auch wohl gelungen ist. Wer es noch knapper mag, ist mit der zweiten Folge der Graupner-Passionskantaten gut bedient. Aber auch hier gilt: An Bachs Kantatenkunst darf man - bei aller Würdigung Graupners - diese drei etwa 20-minütigen Stücke nicht messen, auch wenn die Musikanten rund um Florian Heyerick wirklich alles herausholen, was in dieser Musik stecken mag.
Die Präsentation aller drei CDs ist prima, lesenswerte Booklets und aktuelle Aufnahmetechnik. Mit diesen neuen CDs kann man - neben Bach - eine Passionsmusiken-Sammlung beginnen oder auffüllen.
Aber wie gesagt: In Kenntnis vieler Passionsmusiken gehe ich zu meinem CD-Regal und greife mir - eine Bach-Passion! Da geht eben nichts drüber!