Sechs Sterne für einen wahren Künstler
Bei den Komponisten des Übergangs von der Spätromantik zur Moderne fällt es manchmal schwer zu beurteilen, wo genau der jeweilige Tonschöpfer einzu-sortieren ist. Nicht aber bei von Dohnányi – jedenfalls bis auf die letzten drei Stücke (9 Minuten). Eindeutig wirkt hier ein Meister der Romantik: virtuos und inniglich, eingängig trotz teilweise kniffligen Satzaufbaus, spannend, drama-tisch und zuweilen schwelgerisch fernab jeglichen Kitsches. So ist bereits die Passacaglia (op. 6!) ein grandioses Werk, atemberaubend, anspruchsvoll zu spielen, das sich aber nie in bloßer Virtuosität verliert. Das Hauptwerk, die vier Rhapsodien, ergeben, hintereinander gehört, eine gewaltige Klaviersonate (Eckhardt van den Hoogen in seiner unnachahmlich manieristischen Aus-drucksweise „wagt“ im Booklet „die Behauptung, dass Ernst von Dohnányi sich hier an einer ‚rhapsodischen Sonate‘ versucht hat“. Nein, er hat es nicht versucht, er hat eine solche in unübertroffener Manier geschaffen!) Die drei Singular Pieces, 1944 in den USA komponiert, gehen in ihrer Modernität noch ein ganzes Stück weiter, lassen sich aber nicht zuletzt ihrer Melodik halber ebenfalls noch unter den Begriff Spätromantik subsumieren.
Neben der überaus grandiosen Komposition besticht bei dieser Aufnahme auch die Interpretation. Daniel Röhm meistert die Partitur nicht nur mit Bravour, er haucht dieser wundervollen Musik genau das Leben ein, das dem Kompo-nisten, der selbst ein gefeierter Pianist war, auf der Schaffensebene vermutlich vorgeschwebt hat. Keine Note wird ihres Effektes wegen ausgekostet. Höchst präzise artikuliert der Pianist und erschafft mit winzigen Nuancen dennoch mehr als nur eine perfekte Werkleistung. Wenn man diese Aufnahme hört, kann man sich keine bessere Interpretation vorstellen.
Erneut ein großer Wurf des (nicht mehr ganz so) kleinen Labels CPO, der
– wenn es sie gäbe – auch sechs Sterne verdient hätte.