Böhmisch-mährische Ikonen
Die Debüt-CD Josef Spaceks für Supraphon ist das Paradeprogramm an Komponisten für einen tschechischen Musiker. Ein deutscher Geiger würde wahrscheinlich Mendelssohn, Schumann und Brahms aufnehmen. Allerdings mit einer Einschränkung. Die abwechslungsreiche und anspruchsvolle Suk-Fantasie aus dessen unbeschwerter Lebensphase vor 1904 haben inzwischen auch deutsche Geiger, wie Christian Tetzlaff, im Programm. Das wunderbare, typisch böhmische Violinkonzert Dvoráks spielt man gelegentlich auch hierzulande. Meist mit tschechischen Maestros am Pult. Janáceks "Kleine Seele" ist eine Zusammenstellung von Skizzen, die dieser für ein Violinkonzert geplant, aber nicht mehr fertig bekommen hat. Nachdem er seine 35 Jahre jüngere Muse und platonische Geliebte Kamila Stösslová 1928 in Karlsbad nach siebzehn Jahren wiedergesehen hatte, lebte er nicht mehr lang. Das, was die Herren Faltus und Stedron zusammengefügt haben, ist eine hörenswerte Rhapsodie, weniger ein Konzert. Es klingt zumindest deutlich nach Janácek. Die Künstler, die auf dieser Platte zu hören sind, sind bzw. waren geballte Kompetenz des tschechischen Repertoirs. Josef Spacek wurde mit 25 Jahren erster Konzertmeister der tschechischen Philharmonie. Den Posten gab er nach zehn Jahren für eine Solokarriere auf. Der 2017 verstorbene Jirí Belohlávek war zweimal Chef dieses Orchesters und als gebürtiger Prager mit der Musik des Landes bestens vertraut. Die Stücke klingen typisch tschechisch. Sehr dynamisch, nie überzogen, immer etwas schelmisch. Nach Josef Suks, einem Enkel des Komponisten, Einspielungen aus den siebziger Jahren, sind es die m.E. besten Aufnahmen der Werke von Suk und Dvorák. Das viersprachige Begleitheft (inkl. deutschem Text) ist informativ und gut verständlich. Eine Platte für alle Freunde der Hoch- und Spätromantik und eine Einladung nach Prag.