Jauchzet, frohlocket!
Er mag auf dem Kantaten-Feld inzwischen von Gardiner, Suzuki, Herreweghe überholt worden sein - zu keinem Werk passte Karl Richters herzlicher, ja, herzhafter Bach-Stil besser als zu den großen Weihnachtskantaten des Thomaskantors, die als "Weihnachtsoratorium" zusammengefasst dessen vielleicht populärstes Werk wurden.
Festlicher Glanz, kerniger Orchesterklang, allerdings auf modernen Instrumenten (unter den Solisten z.B. Maurice André!), aber auch Innigkeit in der herrlichen Pastoral-Sinfonia - wie aus einem Guss und gleichzeitig liebevoll in der Ausgestaltung aller Details wirkt Richters Einspielung aus den 60er Jahren. Mit Janowitz, Ludwig, Crass und vor allem dem unübertrefflichen Wunderlich, einer der schönsten Tenorstimmen des Jahrhunderts, standen ihm solistische Kräfte der ersten Garnitur zur Verfügung.
Sein Münchner Bach-Orchester hatte er da bereits über ein Jahrzehnt nach seinen Vorstellungen zu einem Klangkörper geformt, der überall auf der Welt gefeiert und prägend für die Hörerfahrung einer ganzen Generation wurde. Der geborene Sachse entwickelte den Leipziger Stil eines Straube, eines Ramin weiter, "exportierte" ihn an seine neue Wirkungsstätte im Westen und tat damit vielleicht mehr für die Bachpflege als jeder andere Musiker vor den Historisten à la Harnoncourt, die ihn dann allmählich ins historische Abseits schoben. Auch dank dieser Aufnahme steht Karl Richter, der Bach-Verkünder, heute nicht mehr dort.
Eine der stimmigsten, wahrhaftigsten, glanzvollsten Einspielungen des "Weihnachtsoratoriums". Guter Klang. Schöne Box mit allen Texten.