Blutrünstig
Frankfurt. Man schreibt das Jahr 1800. Die Medizin steckt noch in den Kinderschuhen und geheilt wird eher durch Humbug als durch Wissenschaft. Frauen haben sittsam zu sein, auf gar keinen Fall klug, denn ihr Gehirn soll ja viel kleiner und empfindlicher sein als das eines Mannes. In dieser Gesellschaft wächst die Hauptfigur Manon ohne Mutter auf. Ihr Vater ist ein verstrubbelter Gelehrter, der zwar ihre wissenschaftliche Neugier fördert, allerdings versäumt, ihr gesellschaftliche Gepflogenheiten und Taktgefühl beizubringen. Mit dem Ergebnis, dass man als Leser Manon als unsympathische, egoistische und besserwisserische Person kennenlernt. Wieso sich der angehende Zeitungsschreiber Johann, ein eher schüchterner junger Mann, in sie verlieben kann, grenzt fast in ein Wunder.
Der Start in diesen historischen Roman gelingt leider nur sehr langatmig, vor allem aber grausam. Die Autorin liebt es, eklige Szenen detailliert und blutig zu schildern. Ich war fast schon geneigt, die Lektüre abzubrechen, als dann doch die Krimihandlung einsetzt und für Spannung sorgt.
Ganz nebenbei erfährt man auch einiges über das jüdische Leben, das ganz besonders im damaligen Frankfurt über die Maßen vom Rat mit Gesetzen und Verboten eingeengt wurde.
Obwohl Nora Kain sehr fundierte historische Kenntnisse und gleichzeitig in anderen Genres Bestsellererfahrungen hat, kann ich ihren Roman nur bedingt empfehlen. Sie will einfach zu viel auf einmal: historische Korrektheit, ein Sittengemälde der damaligen Zeit, verbunden mit einer spannenden Kriminalgeschichte. In meinen Augen ist das nicht vollständig gelungen. Es ist vielleicht ein bisschen viel auf einmal. Vor allem diese blutrünstigen Schilderungen könnten manchen Leser abstoßen.