Phantastisches, packendes Bücherabenteuer mit tollen Figuren
„Bücher steckten Menschen mit Möglichkeitssinn an. Insbesondere Kinder: Wenn Kinder lasen, wuchsen sie über sich hinaus.“
Am Tag nach einem heftigen Sturm entdecken die Zwillinge Nola und Finn und ihre Freunde Mira und Thommy in der Nähe eines entwurzelten Baumes eine Mauer. Dahinter erhebt sich
eine seltsame Villa. Als sie verbotenerweise das Haus betreten, trauen sie ihren Augen kaum. Hier leben viele kleine Wesen, die sich als Buks, Buchschutzgeister, vorstellen. Und nicht nur das: Die Buks scheinen auf die Kinder gewartet zu haben, denn ihr verrücktes Orakel hat prophezeit, dass die Kinder ihnen helfen werden, ihr größtes Problem zu lösen. Eigentlich haben die Buks nämlich die Aufgabe, Bücher zu bewahren, die in der echten Welt schon längst Vergangenheit sind. Leider verblassen aber in ihrer Bibliothek in letzter Zeit immer mehr der Bücher. Diese scheinen von einer schrecklichen Bücherseuche befallen zu sein und sind davon bedroht, für immer verloren zu gehen. Ob die Kinder die Bücher retten können?
Sehr lebendig, abwechslungsreich, bildhaft und mit viel Humor beschreibt das Autorenduo Nina George und Jens Kramer, was die Buks in ihrer verborgenen Welt und die Kinder „draußen“ erleben. Das Buch liest sich angenehm unkompliziert und flüssig. Absolut gelungen finde ich die hinreißende äußere Gestaltung des Buchs. Es wirkt sehr hochwertig, verfügt über ein Lesebändchen. Das Cover zeigt die versteckten Buks in ihrer dunklen Bibliothek, ihre leuchtenden Augen sind dabei echte Hingucker. Ein sehr ansprechendes Cover, das die Neugier weckt. Einzigartig auch das Vorsatzpapier, eine Galerie mit bunten, gerahmten Bildern der wichtigsten Buks. Die Figuren sehen niedlich und charakteristisch aus, man kann erahnen, welche Eigenschaften und Aufgaben sie haben. Jedes Kapitel beginnt mit einer hübsch gestalten Initiale, auf einigen Seiten finden sich wiederholende kleine Illustrationen von Büchern und winzigen, liebevoll und detailliert gezeichneten Buks. Das Buch richtet sich an Kinder und Erwachsenen ab zehn Jahren.
Mit den vier unterschiedlichen Kinder können sich die Leserinnen und Leser ganz sicher prima identifizieren. Hier wird garantiert jeder seinen Lieblingscharakter finden. Nola ist sportlich und mutig, Finn sehr direkt und spontan, Mira eher vorsichtig und sensibel und Thommy ist der loyalste treuste Freund, den man haben kann. Wie die Vier in einer Welt zusammenhalten, die echte Freundschaft schwer macht, ist beeindruckend. Und dann gibt es noch die drolligen Buks, die alle sehr eigene Persönlichkeiten und individuelle Aufgaben haben: Reimling hat beispielsweise einen Faible für Verse, Alice mag es märchenhaft, Rebella sucht das Abenteuer. Queen Buk ist die Königin aller Buks, doch scheint sie aktuell nicht ganz auf der Höhe. Eine wunderbare, vielfältige Personentruppe, die großen Spaß macht.
Was für ein faszinierendes Setting! Einerseits die phantastische, gemütliche, magische Welt der Buks im Verborgenen, andererseits eine hochtechnisierte, überwachte und für mich als Bücherfan ziemlich deprimierende Welt der Menschen da draußen.
Wir sind auf dem besten Weg, das „Draußen“ aus dem Roman Wirklichkeit werden zu lassen: Bücher verlieren an Bedeutung, Primärerfahrungen werden durch sekundäre, digitale ersetzt und heimliche Überwachung und permanente Kontrollen werden immer selbstverständlicher…
Was diese Entwicklungen eigentlich bedeuten, wird in „Die magische Bibliothek der Buks“ sehr deutlich gemacht. Freilich ist das Buch in erster Linie ein„Fantasy-Abenteuer“, aber gleichzeitig verstehe ich die im Roman sehr drastisch und erschreckend dargestellte Menschenwelt draußen auch als Warnung. Denn dass die Autoren eine solche Welt entwerfen, kommt sicher nicht von ungefähr. Umso wichtiger ist für mich die Botschaft des Buchs. Echte Gemeinschaft, echte Freundschaft, echte Abenteuer machen den Unterschied, das Leben lebenswerter und lebendiger. Und Bücher können die Welt verändern, was hier immer wieder in schönen Worten ausgedrückt wird. Dafür müssen Menschen aber weiterhin lesen und sich inspirieren lassen. All das wird in eine magische, zauberhafte, phantastische und sehr spannende Geschichte mit tollen Figuren verpackt, die mich großartig unterhalten hat. Die Anspielungen auf bekannte Bücher haben mir sehr gut gefallen und machen Lust, das ein oder andere angesprochene Buch selbst zu lesen.
Ob die Bücher der Buks letztlich gerettet werden können?
Das offene Ende mit ziemlich fiesem Cliffhanger ist ein kleiner Wermutstropfen, aber nur, weil ich am liebsten sofort weitergelesen hätte und unbedingt noch mehr von dieser Geschichte haben wollte. Für mich ein rundum gelungener, phantastischer Kinderbuchschatz für alle großen und kleinen Bücherfreunde.