Moderner Liedermacher in bester Tradition
Handwerkliches Geschick kann eine ganz exzellente Voraussetzung für die Fähigkeit, ein Instrument wirklich zum Klingen zu bringen, sein. Der in der Nähe von Schwäbisch-Hall lebende Töpfer, Sänger und Poet Erik Beisswenger ist so jemand. Viele Jahre ließ sich der 1960 geborene, an Songwriter-Größen wie Allan Taylor geschulte Sänger und Gitarrist Zeit, ehe sein erstes, leider nur von Eingeweihten aus der „Folk-Szene“ beachtetes Album „Weit Weg“ vor einigen Jahren erschien.
Beisswenger hat seitdem viele, viele Konzerte gegeben und sich im Rahmen eines längeren Auslandsaufenthaltes auf sein zweites Werk besonnen. „Frühling“, nicht zu verwechseln mit einem Songtitel vom großen Chanson-Mann Klaus Hoffmann, spielte Erik Beisswenger u.a. mit der „Zupfgeigenhansel“-Legende Erich Schmeckenbacher weitestgehend in dessen Polkartstudio ein, und abermals besticht dieser Silberling bereits durch ein wunderbares Coverbild vom in Tübingen lebenden Maler Joachim Lehrer.
Elf Songs und Melodien aus eigener Feder werden so auch optisch schön ummantelt, und es macht von Beginn an Freude, Beisswenger zuzuhören. Er hat nicht nur eine sonore, angenehm klingende Stimme, sondern er spielt auch auf so überzeugende Weise Gitarre, dass man sein neues Album gerne neben die letzten deutschsprachigen Veröffentlichungen von Werner Lämmerhirt einreihen mag. Dabei setzt Beisswenger auf kongeniale Begleiter, die mal Akkordeon, mal Fiddle, mal – wie in „Musik auf der Straße“ – ein antreibendes Cajon beisteuern. Oder Bass und Hammond-Orgel.
Wahrhaft frühlingshafte, bisweilen aber auch angenehm melancholische Melodien führen jedoch nicht nur auf die meist triste Einkaufsmeile einer beliebigen Stadt, sondern gar nach Irland, wo sich Beisswenger oft aufhielt und Energie und Inspirationen tankte. Er kennt sicher auch von dort ganz alltägliche Geschichten, die von Leuten erzählen, die gerne anderen Schuld für eigene Unvollkommenheit zuweisen. Und von jenen, vielleicht raren, Männern, die aufopferungsfähig bereit sind, so ziemlich alles „Für Sie“ zu tun. Oder von einer scheinbar aussterbenden Spezies, die, dem Zeitgeist freudig trotzend, lieber auf `ne schwarze LP setzt als auf einen schnöden download-code.
Auch das macht Beisswengers Songs so sympathisch: Sie klingen herrlich altmodisch, so, wie schon „Liedermacher“ – Beisswenger muss dieses Wort nicht mögen – klangen, als wir einst auf den Spuren von Wader, „Zupfgeigenhansel“, Wecker oder „Fiedel Michel“ wanderten und immer wieder wenigstens einen wirklich tollen Song auf ihren jeweiligen LPs für uns entdeckten, die uns dann lange begleiteten. „Frühling“ hat davon einige. Auch dafür mögen wir diese CD, die nur als LP noch schöner wäre.