Schwer zu verdauende Kost
TROUT MASK REPLICA ist ein Doppelalbum mit 28 Stücken von 1969. Hier muss man das Wort Kunst wirklich groß schreiben, denn die Musik darauf ist niemals einfach oder eingängig. Sie eröffnet sich einem nicht beim ersten Hören sondern will erarbeitet werden. Wie hat es schon MATT GROENING, der Erfinder der SIMPSONS, so treffend formuliert: Als ich die Platte das erstemal abspielte, hielt ich sie für den größten Mist, den ich je gehört hatte. Es schien, als spielten die Musiker zufällig das, was ihnen grade eingefallen ist. Beim 2. Hören dachte ich, es klingt entsetzlich, aber vielleicht ist es das, was sie bezwecken wollen. Beim 3. und 4. Versuch wuchs das Interesse, mich mit dem Werk näher zu beschäftigen. Beim 5. und 6. Abspielen begann ich das Album zu lieben. Nach dem 7. oder 8. Durchgang war ich der Meinung, dass dies das beste Album sei, was je aufgenommen wurde und das glaube ich immer noch.
Mir hat sich die Platte bis heute nicht erschlossen. Ich empfinde es als extrem anstrengend, sie in einem Rutsch durchzuhören. Man hat es hier mit einer Fülle von kakophonischen Klängen, Spoken-Word-Beiträgen und rhythmisch vertrackten Tracks, die mit Beefhearts röchelnder, prustender und zirpender Vocal-Artistik(lt. Rock Lexikon) garniert werden, zu tun. Das will erst mal verdaut werden. Aber das Album hat viele Leute dazu inspiriert, sich eingehender mit Musik zu beschäftigen, genauer zuzuhören und neue Klangwelten zu entdecken. Interessant ist auch die Entstehungsgeschichte von TROUT MASK REPLICA. Frank Zappa bot an, das Album auf seinem Straight-Records-Label zu veröffentlichen und es auch zu finanzieren. Angeblich hat der Captain alle Stücke in 8 Stunden am Klavier komponiert. JOHN FRENCH alias DRUMBO, der Trommler, musste aus den Tonbändern für alle Instrumente die Noten ableiten, da van Vliet sie nicht zu Papier bringen konnte. Er stand dabei oft vor der Schwierigkeit, für einen Akkord von zehn Noten eine Entsprechung für sechs Saiten zu finden. Für die Umsetzung stellte der Captain die Band um. Gitarrist Jeff Cotton und Schlagwerker John French blieben. Beefheart wollte frische Leute dazunehmen, die sich jungfräulich unbelastet der Umsetzung seiner Ideen widmen sollten. Die Wahl fiel auf Mark Boston am Bass, den er Rockette Morton nannte. Er kam frisch aus einer Nervenklinik, in der er seine Probleme, die aus dem Umgang mit psychedelischen Drogen resultierten, auskuriert hatte. Dann wurde noch der Gitarrist Bill Harkleroad angeheuert, der den Spitznamen Zoot Horn Rollo erhielt. Nachdem die Band zusammengestellt war, zog man sich sage und schreibe neun Monate in das Städtchen Woodland Hill zurück, um für die Aufnahmen zu proben. Und das angeblich unter zermürbenden, asketischen Bedingungen: keine Drogen, keine Frauen und wenig Nahrung. Und alles unter der unbarmherzigen Fuchtel von Don van Vliet, der die Tracks haarklein so umgesetzt haben wollte, wie er sie erdacht hatte und die Musiker deshalb 14 Stunden am Tag üben ließ. Die Umsetzung im Studio ging dann deshalb auch sehr schnell: an 4 Abenden wurden alle Instrumente eingespielt. Van Vliet hat dann noch mal 4 bis 5 Stunden für die Texte gebraucht. Sie variieren von Nonsens zu Ökologie, von der Unmenschlichkeit der Menschheit bis zu Zukunftsvisionen, vom verkappten Liebeslied bis zu sozialen Themen. Es besteht das Gerücht, Beefheart habe die Worte teilweise eingesungen, ohne die Musik dazu zu hören. Legendär ist auch das Cover der Platte. Vorne sieht man den Captain, wie er sich einen Karpfen vor das Gesicht hält. Dies symbolisiert den Titel des Albums: eine Forellen-Masken-Nachbildung. Auf dem Innenfoto sieht man die Band, die wie ein Haufen Ausgeflippter aussieht. So trägt Jeff Cotton ein Frauenkleid und der Captain präsentiert einen Lampenständer wie eine Strahlenpistole. Nach der Veröffentlichung zerstritten sich Zappa und Beefheart. Der Captain war sauer, weil Zappa als Produzent auf dem Cover genannt wurde. Er behauptete, Zappa hätte nichts zu den Aufnahmen beigetragen, er sei sogar am Mischpult eingeschlafen. Zappa argumentierte, er habe den Musikern absichtlich alle künstlerische Freiheit gelassen und sich deshalb nicht eingemischt.