Freude oder Frust
Es kommt selten vor, dass ich mit einer neuen cpo-CD nicht recht klar komme. Diese gehört dazu und das hat verschiedene Gründe. Da wären zuerst die Interpreten zu nennen. Ich schätze das Concerto Copenhagen mit Lars Ulrik Mortensen sehr. Sie haben großartige Brandenburgische Konzerte bei cpo vorgelegt. Zudem schätze ich Bachs vier Suiten (oder Ouvertüren) ebenso sehr, weil ich sie als Gipfelpunkt ihrer Gattung bezeichnen möchte. Und nun kommt der Mortensen daher und wirft alle meine gewohnte Begeisterung über den Haufen. Er hat nämlich nicht die vertrauten Versionen mit Pauken und Trompeten gewählt, sondern die Frühfassungen, die auf diese Instrumente verzichten. Und er verzichtet nicht nur auf den Glanz bersonders der letzten zwei Suiten, sondern reduziert nochmals das Instrumentarium: Alle Streichintrumente sind (nur) solistisch besetzt. So ist die Musik auch kaum wiederzuerkennen. Die 2.Suite klingt noch am vertrautesten, die erste vielleicht auch noch. Doch dann geht die ungewohnte klangliche Wandlung los. Sie entsteht eben nicht nur durch fehlende Trompeten und Pauken und die solistische Instrumentalbesetzung, sondern auch durch Mortensens Interpretationsansatz: sehr (zu?) flottes, rhythmisch prägnantes Spiel, das den Tänzen Leichtigkeit und Schwung vermittelt. Das macht das dänische Ensemble fabelhaft, Aber: Es klingt eben alles etwas anders. Der ausführliche Bookletkommentar liefert eine schlüssige Entstehungsgeschichte der Kompositionen. Danach versteht man, dass es Sinn macht, den Bachfreund mit diesen frühen Versionen bekannt zu machen, besonders durch solche hochkarätigen Interpretationen. Ich gebe jedoch zu: Mir sind die späteren, glanzvollen Versionen lieber und ich kann nur hoffen, dass Mortensen auch diese mal einspielt. Wieder bei cpo? Es wäre sehr wünschenswert.