Unterschätzter Romantiker
Hier ist eine CD mit Kammermusik, die jeden Freund, jede Freundin von Cellomusik begeistern müsste! Ramon Jaffé, der junge Virtuose, bringt die romantische große Sonate von Ignaz Moscheles - Freund von Schumann, Mendelssohn, Meyerbeer, Weltmann und Klaviervirtuose u.a. in London und Paris - zu Gehör, die umstandslos neben die Gattungsbeiträge der Großen eingeordnet werden darf.
Der einstige Publikumsliebling Moscheles lebte lange - er wurde fünf Jahre nach der französischen Revolution geboren, er starb ein Jahr vor der Gründung des deutschen Kaiserreichs -, und seine Ästhetik fußt auf dem granitharten Fundament der Alten: wie bei Brahms, bei Schumann, bei Mendelssohn. Es ist dies eine gebändigte Romantik, die dem Gefühl keinen Freifahrtschein ausstellt - immer deutlicher wird durch die Moscheles-Veröffentlichungen der letzten Zeit (eine finden Sie in den Empfehlungen unten), dass es sich bei dem Komponisten eben nicht um einen klingelnden Klavierblender, sondern um einen wunderbar ernsthaften, einfühlsamen Künstler zwischen Klassik und Romantik handelte, der auf breitesten Kenntnissen des Tonsatzes und der Instrumentenbehandlung aufbaute.
Deutlich wird dies auch in den Bach-Bearbeitungen op. 137 a: Präludien aus dem Wohltemperierten Klavier, denen Moscheles - wie Schumann in einem ganz ähnlichen Verfahren bei den Solo-Violinsonaten - eine vornehme, fast skrupulös dezente, melodiöse Klavierbegleitung anpasste. So etwas funktioniert nach heutigen Maßstäben nicht immer (ach, Bach-Gounod!), hier aber funktioniert es ganz prächtig. Zu danken ist dies auch dem perlenden Ton von Jaffés Begleiterin Blumina: die beiden Instrumente umspielen sich ohne Dominanzanspruch und lassen so einen kleinen Zyklus wieder erstehen, der vor allem eins will: die Bachsche Größe den Zeitgenossen verdeutlichen.