Sibelius - neu erfunden...
Bisher war mein absoluter Favorit in Gesamteinspielungen Sibelius'scher Symphonien die Aufnahme mit dem Lahti Symphony Orchestra unter Okko Kamu, die obendrauf als SACD daher kommt und absolut brilliant klingt.
Bisher...
Paavo Järvi und das Orchestre de Paris schaffen es zwar nicht auf SACD aber auf den Zenit der Interpretation Sibelius'scher Musik. Unfassbar, was einem da schon bei der - fast immer vernachlässigten - Ersten an Klang entgegenbrandet. Alles, was ich bisher gehört hatte, fühlt sich an, als läge es seit Urzeiten in Fesseln. Järvi und die Pariser entfesseln einen Sibelius, der so - zumindest von mir - noch nie gehört wurde.
Auch die Vierte: Absolute Spitze. Von allen Aufnahmen, die ich kenne, wurde hier v.a. die von Maazel und den Wienern wegen ihres phänomenalen Beginns gelobt: "So klar ist der Bass - v.a. das aus den Tiefen der Seele aufsteigende Cello - sonst nicht zu hören" (was wohl an der damals dafür perfekten Aufnahmetechnik von Decca lag) ... hier schon. Und damit nicht genug: Es geht auf diesem Niveau weiter... Erschütternd das Ende, wo man ein Choralfragment zu hören meint. Järvi verlangsamt das Tempo hier extrem - was hochemotional rüber kommt. Nein, besser habe ich auch diese Symphonie nie gehört.
Die Box lohnt sich schon, wenn man für den Preis nur diese CD bekommen würde.
Die 2. CD - kann man unterschiedlich bewerten. Sibelius' Zweite - wenn man da Bernstein mit den Wienern im Ohr hat - dann fehlt da nicht nur ein bisschen Emotion, dann wirkt Järvi eher karg. Bernstein entwickelt die Symphonie von ersten Ton an kontinuierlich absolut emotional - nach dem letzten Ton des Finale muss man hier erstmal realisieren, dass man noch in dieser Welt ist... Das schafft - so mein Eindruck - neben allen andern auch Järvi (P.) nicht. Aber trotzdem: Seine Interpretation ist, wie wenn er die emotionalen 'Nebel' vertreibt und die Symphonie bei klarstem Wetter und bester Sicht klingen lässt. Also immerhin: eine sehr sehr gute Ergänzung zu Bernstein.
Auf derselben CD auch die Fünfte - ja, die mit den Kranichen... Und damit sind die bekanntesten Symphonien auf einer CD vereinigt. Aber was passiert klanglich? Ähnliches wie bei der Zweiten. Nur heißt die emotional-monumentale Alternative Karajan: Bei Järvi klingt für meine Ohren alles vollkommen klar - aber wo bleint die Emotion?
Zur CD 3 kann ich bisher nicht sehr viel sagen - erst einmal - und das auch nicht konzentriert - gehört. Ich werde also diese Rezension zu gegebener Zeit unm diesen letzten Teil ergänzen.