Yankee Doodle
ACT OF VALOR (Übersetzung in etwa Heldentat oder Heldenmut) ist weder Kriegsfilm noch Anti-Kriegsfilm, es ist nicht mal ein Spielfilm und es ist auch keine Dokumentation, keine Semi-Dokumentation oder eine Reportage und es ist erst recht nicht der Actionthriller, der auf der Rückseite des Covers versprochen wird. ACT OF VALOR zeigt die Einsätze einer Gruppe von Navy Seals, was eine Spezialeinheit,der US Navy ist, als Mischung aus Spielfilm und Dokumentation mit Elementen des Propagandafilms, was in erster Linie an der Kameraarbeit liegt, die dem Zuschauer suggeriert hautnah dabei zu sein („Haus um Haus muss in harten Einzelkämpfen genommen werden“, tönte mehr als einmal der Sprecher der Wochenschau zu entsprechenden Bildern). Immer wieder gibt es schöne Einstellungen in bester Ego Shooter Perspektive und mehr als einmal hatte ich den Eindruck, ein Ego Shooter ist zum Leben erwacht.
Auf der anderen Seite sind da die Darsteller, denn die Schlüsselrollen sind mit aktiven Navy Selas besetzt, was zur Doku Wirkung beiträgt. Spielfilmcharakter entfaltet ACT OF VALOR durch die dünne Handlung, die die Seals zum Einsatz kommen lässt, weil mal wieder Anschläge von Extremisten „auf in Freiheit lebende Menschen“ vereitelt werden müssen. Ebenso kann ACT OF VALOR als Werbestreifen für die Navy Seals bzw. die amerikanische Armee durchgehen. Ich halte es nicht für unwahrscheinlich, dass der Streifen auch aus diesem Grunde produziert wurde. Teamgeist, Heldentum und für die Rettung der Welt überall auf der Welt im Einsatz, das ist was ACT OF VALOR in großem Stil propagiert und dabei die zum Einsatz kommenden Waffen, Ausrüstungen, Boote, Flugzeuge, Flugzeugträger, Hubschrauber sowie ein U-Boote, ein Mini U-Boot und eine Drohne sehr gut vorführt. Das verspricht Spiel, Spaß und Spannung und nicht zuletzt auch ein solides Einkommen, was mit Sicherheit einige Mitmenschen ansprechen dürfte. Join the Army! Oder soll der (amerikanischen) Bevölkerung endlich mal klar gemacht werden, was die Soldaten da leisten und wofür all das teure, aus Steuergeldern finanzierte Equipment, vorgehalten wird? Vielleicht sollte die Bundesregierung in naher Zukunft auch so einen Film drehen lassen. Deutsche Soldaten im Pseudoeinsatz und die Kamera ist hautnah dabei! Dann gibt es sicherlich breiten Konsens in der Bevölkerung für eine Erhöhung der Ausgaben der Truppe und vielleicht finden sich viele freiwilligen Frauen und Männer für das „Abenteuer Bundeswehr“.
Leider scheitert ACT OF VALOR eben genau deshalb, weil er sich nicht auf eine Linie einlässt. Er scheitert durch seine Inkonsequenz. Bereits beim ersten Einsatz der Gruppe (Befreiung einer Geisel) kann sich der Film nicht entscheiden, was es denn nun sein soll. Ist die Befreiung der Geisel selbst noch sehr gut in Szene gesetzt (Stil Doku: der Zuschauer ist dabei), kommt es in der zweiten Hälfte dieser Aktion zu einer Verfolgungsjagd, die der reine Selbstweck ist. Action um der Action willen auf der einen Seite (Stil Spielfilm: Spannung), auf der andere Seite soll dem Zuschauer dann noch gezeigt werden, wie toll die Boote, die für die Extraktion der Gruppe bereitgehalten werden, ausgerüstet sind und vor allem, wie derbe die Feuerkraft der auf diesen Booten installierten Waffen ist. Ich bin kein Experte, aber ich gehe davon aus, dass die Verfolger bei diesem Beschuss zu blutigen Klumpen geschossen worden wären (auch hinter der Deckung des Wagens). Die wahre Feuerkraft wird dem Zuschauer dann wieder vorenthalten und damit begibt sich der Film auf die geschönte Ebene der Propaganda. Diese seltsame und sicherlich gewollte Mischung zieht sich durch den ganzen Film. Dass es in keinem der kreierten Szenarien zu einem Kollateralschaden kommt und zum Schluss noch eine erstklassige Beerdigung für einen der Kameraden präsentiert wird, runden das Bild wunderbar ab.
Das Bild kommt auf meiner Cinemascope Leinwand sehr gut rüber und erzeugt einen bildtechnisch äußerst ansprechenden Wechsel zwischen Spielfilm und Dokumentarfilmstil. Die Aufnahmen wurden mit Canon 5D Mark II Kameras geschossen. Sehen wir die Seals mit ihren Familien Strand ist das Bild gestochen scharf, sehen wir die Seals im Einsatz bei Nacht, zeigt das Bild leichte Körnung und Unschärfe (wobei die Nachtaufnahmen natürlich künstlich beleuchtet wurden, sonst hätte man die Männer nach Ihrer Landung im Dschungel nämlich gar nicht gesehen). Uniformen, Tarnungen, Gesichter und Waffen sehen wahrlich lebensecht auch und auch der Dschungel macht einen natürlichen Eindruck.
Ich habe den Film in der Originalfassung mit deutschen Untertiteln geschaut. Diese 5.1 DTS HD Master Tonspur packt das Publikum direkt in die Mitte der Action. Ein perfekter Mix! Mehr gibt es dazu nicht zu schreiben.
Ich empfehle ja immer Filme in der Originalfassung zu schauen. Hier möchte ich es jedoch noch einmal besonders eindringlich empfehlen, denn gerade die verbale Interaktion der Soldaten im Einsatz ist mehr als bemerkenswert und da kamen schon die Untertitel nicht mit. Da kann in der deutschen Fassung nur üble Grütze bei herauskommen. Bei TEARS OF THE SUN war ich schon schwer beeindruckt von dieser Art der Kommunikation… zielgerichtet, absolut effizient, abgekürzt und daher nahezu unmenschlich… da sprechen „Tötungsmaschinen“.
Das Bonusmaterial habe ich nicht gesichtet. Stattdessen habe ich nach dem Durchlüften lieber THE LAST BOY SCOUT nachgeschoben (dafür gibt es auch eine Rezension).
Wer mit Kriegsfilmen etwas anfangen kann, darf bei ACT OF VALOR gerne mit den Navy Seals aus dem Flugzeug springen, bei der Geiselbefreiung dabei sein und an ihrer Seite hautnah verfolgen, wie sie heldenhaft die Welt vor dem Absturz in Chaos retten, wie sie den Status Quo aufrecht erhalten, ja, wie sie letztendlich doch nur das Kapital schützen. Multiple Sichtungen scheiden für mich bei diesem Film aus. Dafür bleibe ich doch lieber bei DAS BOOT und THE THIN RED LINE. ACT OF VALOR ist weder Fleisch noch Tofu und auch kein Fisch, sondern Käse, der einen bitteren Nachgeschmack hinterlässt.