Schillerndes Spektakel
Achtung Spoiler! Falls Film noch nicht gesichtet, diesen Absatz vielleicht auslassen und beim zweiten Absatz ansetzen… Mel Gibson versetzt uns in die Zeit der Maya Kultur. Wir erleben eine harmonische Dorfgemeinschaft, die regelrecht ausgelöscht wird, die Entführung einiger der Bewohner in eine Stadt, wo ein anderer Lebensstil gepflegt wird, wo Menschenopfer gebracht werden. Es kommt zur Flucht eines der entführten Stammesmitglieder, um seine schwangere Frau und seinen Sohn zu retten, die beim Überfall des Dorfes gerade noch versteckt werden konnten. Es geht los mit einer wüsten und blutigen Jagd auf einen schwarzen Koloss mit vier Beinen. Einer der Jäger beißt in die Hoden der Beute, dass es keine Freude ist. In der Form geht es weiter, was heißen soll, Mel Gibson, lässt draufhalten. Weiter so! Lass alles raus, Mel! Es gibt Kämpfe mit Keulen und fiesen Steinmessern, Opfer an den Sonnengott, denen die Herzen rausgeschnitten und anschließend die Köpfe abgeschlagen werden, „Target Practice“ an lebenden Subjekten und – der Höhepunkt des Films – die Verfolgung von Jaguar Paw (Pranke des Jaguars) durch den Dschungel, wobei einem der Verfolger von einem Panther in Großaufnahme das Gesicht zerfleischt wird. Der absolute Knaller ist für mich jedoch die Unterwassergeburt. Mit den letzten Einstellungen wird dann der Untergang der Maya Kultur angedeutet.
Der Film gönnt seinem Publikum keine Pause! Gesehen habe ich den Film im Kino in Nelson und für mich stand sofort fest, APOCALYPTO ist für „multiple Sichtungen“ bestens geeignet. Ich hatte lange keinen Film mehr im Kino gesehen, wo das Publikum derart mitgegangen ist. Daher musste nach der Rückkehr nach Deutschland und der Einrichtung eines Heimkinos selbstverständlich die Blu-ray her. Im Format 1.85:1 erwachen der Dschungel und die Maya Kultur auf der Leinwand zum Leben. Ein fantastisches Bild. Das dichte Grün scheint aus der Leinwand zu hängen, die Kostüme und der Schmuck schillern in allen möglichen Farben und die Details der vielfältigen Tätowierungen sind genau zu erkennen. Aufnahmebedingt gibt es hin und wieder leichte Unschärfe bei der o.g. Hatz durch die Vegetation, was jedoch nie störend ist.
Der Film kommt mit einer Dolby Digital 5.1 Tonspur und einer verlustfreien 5.1 Tonspur, welcher auf jeden Fall der Vorzug zu geben ist. Es wird Maya gesprochen, dazu werden deutsche Untertitel in weißer Schrift in einer vernünftigen Größe geliefert. Vernünftig heißt, dass die Untertitel nicht unverhältnismäßig riesig und damit störend sind wie bei manch anderem Film. Im Gegensatz zum GB-Import sind die Untertitel schlanker. Die Übersetzungen halten sich sehr genau an die Originalfassung. So kommen dort tatsächlich zum Beispiel die Ausdrücke „Göttin des Schafotts“, „Bastarde“ und „Höllenqualen“ vor, was für Mayas doch recht seltsame Ausdrücke sind. Der Kommentar des einen Verfolgers nachdem sein Kumpel von einer Schlange gebissen wurde, lautet im Original „He´s fucked!“, was im Kino für einige Lacher gesorgt hat. Die deutsche Fassung übersetzt hier mit „Er ist verloren!“. Ob „Großer Trinker“ auch im Original so heißt, habe ich nicht mehr überprüft. Löblich ist auch hier, dass sich die Untertitel abschalten lassen, was sehr gut ist, denn beim zweiten Durchgang sind sie nicht mehr erforderlich und das tolle Bild kann in Vollendung genossen werden. Die akustischen Effekte sind erstklassig. Sie greifen regelrecht aus den Surroundlautsprecher heraus und saugen einen in Verbindung mit dem tollen Soundtrack mitten ins Geschehen.
Ein Freund von mir, der den Film schon etliche Male von DVD über TV mit an einen Stereo Vollverstärker angeschlossenes Boxenpaar gesehen hatte, kommentierte die Sichtung über Leinwand in Verbindung mit Surround Sound, dass er da doch einen ganz anderen Film gesehen hätte. Etliche Einstellungen, so sein Eindruck, wären neu gewesen. Nix da! Das macht das große Bild in Verbindung mit dem tollen Klangfeld.
Sicher kein Film für zartbesaitete Gemüter. Der GB-Import ist mit dem Hinweis „Contains strong bloody violence and gore“ versehen. Das passt jedenfalls! Das deutsche Cover wird von einem FSK Flatschen verschandelt. Auch wenn einige der dargebotenen Szenen vielleicht grausam erscheinen, so ist doch vorstellbar, dass diese Kultur so gelebt hat. Wer weiß, was spätere „Hochkulturen“ über unsere armselige, im wahren Fortschritt gehemmte Gesellschaft für Filme drehen wird, wenn die Reste aus den Ruinen geborgen wurden. Die können nur grausam werden und da braucht es keine Keulen oder Steinmesser. Menschenopfer werden auch heute noch gebracht, nur dass ihnen nicht mehr das Herz rausgeschnitten wird. So primitiv haben dieses Menschen gelebt! Und wie unmenschlich sie miteinander umgangen sind, werden sie sagen!
Mel Gibson wandelte hier eindeutig auf den Spuren von Sam Peckinpah und ich hoffe, er findet nochmal zurück in dessen Fußstapfen, die nur sehr schwer auszufüllen sind.
Auch wenn die deutsche Ausgabe die Untertitel des Originals vorbildlich übersetzt, finde ich es trotzdem schade, dass es keine Originalfassung auf diese Scheibe geschafft hat. Wäre schließlich locker möglich gewesen. Wer auf also auf Originalversionen steht, kommt um eine importierte Version nicht herum.