Spannende Musik zur Göttlichen Komödie
Tischtschenko schrieb die fünf Dante-Sinfonien über die Göttliche Komödie zwischen 1997 und 2005. Diese Werkgruppe trägt als ganzes den Titel „Beatrice: Choreo-Sinfonische Zykliade“; die Sinfonien sind thematisch miteinander verknüpft und beziehen eine Ballet-Choreografie mit ein. Der gesamte Zyklus dauert gut drei Stunden.
Die erste Sinfonie bildet die Einführung, die zweite behandelt die Kreise 1 bis 6 und die dritte die Kreise 7 bis 9 des Inferno, die übrigen beiden jeweils Purgatorio und Paradiso.
Tischtschenkos Stil ist vielfältig: Es finden sich unter anderem Elemente der modernen Avantgarde neben solchen, die an die Spätromantik, beispielsweise Orchesterwerke Liszts, und die russische Tradition erinnern. Besonders Schostakowitsch hat Einfluss auf ihn gehabt. Das alles formt der Komponist zu seinem markanten Personalstil. Tischtschenko verwendet ein sehr großes Orchester mit zusätzlichen Effektinstrumenten und in der vierten Dante-Sinfonie auch einen Chor. Diese Mittel setzt er aber sehr gezielt ein, so dass der Klang trotzdem oft recht schlank wirkt.
Obwohl es keine Musik zum Mitpfeifen ist und der Komponist manchmal drastische Klänge nutzt, ist die Musik doch teilweise sehr eingängig und steckt voller Schönheit. Die Anwendung aggressiver, nachdenklicher, idyllischer, feierlicher und auch ironischer Elemente und der Wechsel schlichter und komplexer Abschnitte lässt den Zyklus nie langweilig werden und er wird damit auch Dantes Dichtung gerecht.
Wer den Schostakowitsch z. B. der Sinfonien Nr. 2 und 4, der Nase, Lady Macbeth oder der Spätwerke mag, sollte den Dante-Sinfonien Tischtschenkos eine Chance geben.
Die Aufnahmen sind Konzertmitschnitte, gelegentlich sind Nebengeräusche zu hören. Es handelt sich meist um die Uraufführungen der Sinfonien. Dadurch gibt es zwar meist keinen direkten Vergleich (nur für die Nr. 3 gibt es noch eine Aufnahme von Gennadij Roschdestwenskij), aber bei den Petersburger Philharmonikern und den insgesamt drei Dirigenten scheint mir die Musik in guten Händen zu sein.
Das Booklet ist in Russisch und Englisch, der Komponist kommt auch selbst zu Wort.