Intensiver emotionaler Roman über einen gebrochenen Glauben
Tabea Rompf kann sich unter die großen Autoren einreihen, wie ich finde. Nachdem sich ihr Debütroman wegen seiner Großartigkeit in mein Gedächtnis gebrannt hat, erwartete ich erneut Großes und wurde nicht enttäuscht. Zurecht ist dieses Buch absolut nicht mit dem Ersten zu vergleichen- wer auf Hochspannung, Nervenkitzel und romantische Gefühle aus ist, ist hier fehl am Platz. Doch Spannung ist hier durchaus auch zu finden, nur auf eine andere Art und Weise.
Deutschland, 1945. Die amerikanische Geheimagentin Margaret Nelson - Maggie genannt, wird von britischen Soldaten in einem Gefängnis gefunden, in welchem sie monatelang von der Gestapo auf brutalste Weise gequält wurde. Sie erweist sich jedoch nicht als große Hilfe beim Dokumentieren der zahlreichen Kriegsverbrechen der Nazis und wird nicht als das Opfer gesehen, das sie eigentlich ist. Maggie selbst kämpft seit ihrer Gefangenschaft mit zahlreichen gesundheitlichen Problemen. Nicht nur das- ihre Seele leidet und sie spürt nur allzu deutlich Misstrauen und Ablehnung ihr gegenüber. Ihr größtes Problem ist jedoch ihr zerbrochenes Vertrauen in Gott. Sie will sich auf eigene Faust zurück ins Leben kämpfen…
Dass Maggie so sehr mit Gott haderte und seine Treue und Güte in Frage stellte, konnte ich nur allzu gut nachvollziehen. Atemberaubend und unheimlich emotional erzählt die Autorin diese Geschichte der inneren Zerrissenheit. Es mag kaum was schlimmeres und aufwühlenderes geben, als mit jemandem zu hadern, an den man so fest geglaubt und dem man vertraut hat. Mehr noch: mir stellte sich beim lesen die Frage, wieso Maggie „nur“ dieses eine Problem mit Gott hatte. Sie hätte ihn auch dafür anklagen können, dass sie unbeschreibliches Leid durchleben und aushalten musste. Die Schilderungen der Grausamkeiten durch die Nazis (wie sie an zigtausenden Menschen durchgeführt wurden), trieben mir die Tränen in die Augen. Ich habe mit der Protagonistin gelitten, war wütend und traurig. Ein totales Gefühlschaos. Gleichzeitig blieb sie mir doch manchmal so fern und distanziert, sie war in ihrer Person nicht immer so greifbar.
Das Ende war für mich nicht absehbar- ich konnte nur hoffen dass sich ein Hoffnungsschimmer zeigt. Ich wollte so sehr Gerechtigkeit für Maggie! Dass Gerechtigkeit letztendlich in den Händen Gottes liegt, hat die Autorin gut eingearbeitet. Auch hat sie die Hauptbotschaft sehr gelungen verpackt, nämlich dass egal, was einem widerfährt im Leben, selbst wenn es unsagbares Leid und Krankheit ist- die Antwort darauf kann immer nur Jesus sein. Nur er gibt Frieden, der nicht von dieser Welt ist und das ist tatsächlich alles, was Maggie gebraucht hat. Sie hatte Gottes Güte mehrfach erlebt, aber nicht immer so, wie sie es sich wünschte. Als sie kapitulierte und Gott wieder in ihr Herz ließ, konnte sie die Schatten der Vergangenheit hinter sich lassen- mehr noch, sie konnte heraustreten ins Licht und im Vertrauen darauf, dass Gott sie hält und das Beste für sie im Sinn hat, einen Neuanfang für sich und ihre Seele wagen.
Ich mag diese Geschichte sehr. Anfangs haben mich die vielen Handlungsstränge, Namen, Personen und Infos ziemlich überflutet. Doch nach einer Weile war ich einfach gebannt von dieser vielschichtigen Protagonisten, ihrer Geschichte, ihrer Tapferkeit und ihrem Zerbruch. Es ist eine großartige berührende Erzählung über Hoffnung, einem wiedergefunden Glauben an einen treuen Gott trotz der vielen „Abers“ und Heilung eines verwunderten Herzens. Ich konnte Maggies Schmerz wirklich gut nachempfinden und das ist der wahnsinnig guten Erzähl- und Schreibkunst der Autorin zu verdanken. Rompf versteht es definitiv, tiefgründig und authentisch zu schreiben.
Ein wirklich intensives Leseerlebnis auf allen Ebenen.