Zwischenzeitlich spannender Roman der Nachkriegszeit, allerdings mit überstürztem, unglaubhaftem Ende
Buchinhalt:
Jersey, 1945: nach dem Sieg der Alliierten scheint die britische Kanalinsel Jersey wie vom Freudentaumel überrollt. Doch für Jean Parris kehrt schnell Ernüchterung ein, als die Familie die Nachricht vom Tod des Vaters erhält, der von den deutschen Besatzern verhaftet wurde. Jeans Onkel Eddie, der plötzlich vor der Tür steht, reißt immer mehr die Macht in der Familie an sich und bläst zu einem Rachefeldzug gegen Hazel, eine junge Lehrerin, die er des Verrats an seinem Bruder verdächtigt. Doch auch Jean hat ein Geheimnis: sie liebt Horst, einen deutschen Soldaten. Und ausgerechnet Hazel erfährt von der verbotenen Romanze....
Persönlicher Eindruck:
Befreiung ist bereits das zweite Buch von Autorin Lecoat, das ich lese. Auch dieses spielt auf Jersey, kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und es erzählt die Geschichte zweier junger Frauen etwa im gleichen Alter. Zum einen ist da Jean, die den Tod ihres Vaters, eines Eisenwarenhändlers, betrauert und zum anderen Hazel, der Hauptverdächtigen am Verrat und der Deportation und folglich dem Tod von Jeans Vater.
Nach und nach kommt Jean der Wahrheit immer näher und muss erkennen, dass nichts so einfach ist, wie es ihr skrupelloser Onkel Eddie und seine Kumpane behaupten. Auch Jeans Vater ist nicht der strahlende Held, den die Familie all die Jahre hochstilisiert hat. Mehr und mehr freunden sich Jean und Hazel an und unter dem Einfluss ihrer Freundin entwickelt sich Jean zu einer immer mutigeren jungen Frau, die genau hinsieht und hinterfragt, was sie bislang so einfach und schlüssig hingenommen hatte.
Hazel hingegen erfährt, was es heißt, geächtet zu sein: Eddies Schmutzkampagne führt dazu, dass das Einkaufen zum Spießrutenlauf wird, die Menschen sich abwenden, sie ihren Arbeit verliert und letztendlich in einer grauenhafte Tragödie gipfelt.
Insgesamt brauchte der Roman gut die Hälfte, um halbwegs in die Gänge zu kommen, so dass man als Leser den Eindruck hatte, zu sehen, wohin die Reise geht. Dann aber wechseln spannende Wendungen mit unterschiedlichen Verdächtigen und der Spannungsbogen steigt. Jean kommt Schritt für Schritt hinter die Wahrheit, die jeder in ihrer Familie so sorgsam unter Verschluss hält. Hazels täglicher Kampf innerhalb des Ränkespiels von Onkel Eddie und Co. und die verzweifelte Bitte an Jean, die neu gefundenen Wahrheit doch den Behörden mitzuteilen sind wohl der Höhepunkt in der wechselvollen Geschichte.
Was mich aber maßlos enttäuscht hat, ist der schnelle, überhastete und auch unglaubwürdige Schluss, 25 Jahre später. Als Leser hat man den Eindruck, die Autorin habe jetzt keine Lust mehr und möchte nur noch schnell fertig werden: das k.o-Kriterium jeder Geschichte. Während ich nach einer zähen ersten Hälfte, in der die Langeweile überwog, mit dem spannenden Mittelteil wieder versöhnt wurde, kann ich nach dem Ende nur sagen: nein. Kein Reißer, den ich empfehlen kann, allenfalls eine nachmittagfüllende Lektüre, wenn man keine hohen Ansprüche stellt. Zudem fand ich letztendlich die schwarz-weiß-Malerei bei den Charakteren etwas zu simpel. Die Geschichte an sich hätte durchaus Potential gehabt.