Flache Aneinanderreihung von biografischen Stationen, konnte mich nicht überzeugen, leider.
Buchinhalt:
Im Berlin der 20er Jahre lernt die bislang unbekannte Bühnenschauspielerin Lotte Lenya den Komponisten Kurt Weill kennen und lieben. Über ihn und seine Beziehungen wird sie Teil der Künstlerkreise, denen auch Berthold Brecht angehört. Mit der „Dreigroschenoper“ wird die junge Frau alsbald zum gefeierten Star….
Persönlicher Eindruck:
Lotte Lenya und das Lied des Lebens ist einer der derzeit so populären „biografischen Romane“ um eine junge Künstlerin der Kriegs- und Nachkriegszeit. Auf zwei Zeitebenen erzählt die Autorin vom künstlerischen Werdegang der Sängerin, Bühnenschauspielerin und Tänzerin der Berliner Bohème.
Lotte Lenya, mit bürgerlichem Namen Katharina Blaumauer, entstammt der Wiener Arbeiterschicht und kommt aus ärmlichen Verhältnissen. Schon früh, mit 15 Jahren, flieht das Mädchen aus dem Elternhaus, in dem Schläge und der Alkoholismus des brutalen Vaters vorherrschen. Mit fünf Jahren sah sie im Zirkus einst einen Seiltänzer, seitdem ist Lotte fest davon überzeugt, selbst Tänzerin, Künstlerin und Schauspielerin zu werden.
Schön und gut, das sind die Phantasien eines Kindes. Dennoch hängt Lotte dieser Spleen bis ins Erwachsenenalter nach, sie fühlt sich für die Bühne geboren und tut alles, um sich diesen Traum zu verwirklichen – Prostitution inclusive. Was mir allerdings in der eher episodenhaften Erzählung fehlt: Hat sie die Schauspielerei oder das Singen überhaupt gelernt? Da ich nichts über sie weiß, als das, was das Buch erzählt, würde ich sagen: nein. Zumindest erfährt man nichts davon. Vielmehr umgibt sie sich mit allerlei Mäzenen – allen voran der reichen Familie Kaiser, bei der sie auch wohnt – und heiratet schließlich den jüdischen Komponisten Kurt Weill, für meinen Geschmack eine Art Hau-Ruck-Aktion aus Leidenschaft, mehr oder weniger unüberlegt.
Es tut mir leid, aber ich wurde über 350 Seiten nicht warm mit der Hauptfigur, auch die anderen Charaktere, die im Roman auftauchen, wirken blass und eindimensional. Lottes proletarische Herkunft kann sie auch durch allen Glamour und Glitter ihres späteren Erfolges nicht wirklich ablegen, ich denke hier an ihr erstes Aufeinandertreffen mit den strenggläubigen jüdischen Eltern ihres Mannes.
Die Erzählung erstreckt sich von den Roaring Twenties bis in die 30er Jahre und die Machtergreifung der Nationalsozialisten, eine Epoche, die durchaus Potential gehabt hätte. Bedauerlicherweise blieb die ganze Geschichte aber episodenhaft und holprig aneinander gestückelt. Zu Beginn fand ich die Geschichte ganz nett und ausbaufähig, doch je weiter die Handlung fortschritt, desto eintöniger und oberflächlicher wurde sie.
Genau umgekehrt der Schreibstil: gerade zu Beginn wirkt die Erzählweise gestelzt und wenig flüssig. Viele Sätze mußte ich noch einmal lesen, was Gift ist für einen kontinuierlichen Lesefluss – nein, die Autorin konnte mich trotz gut beschriebener Künstlerszene und kleinen Einblicken in die politischen Gegebenheiten der damaligen Zeit nicht vom Hocker reißen.
Schade, dass das Potential der Geschichte so wenig genutzt wurde. Für mich war es der inzwischen dritte (und damit auch letzte) Versuch, in diesem so gehypten Genre Fuß zu fassen. Was im Roman jetzt wirklich biografisch war und was Fiktion, kann ich am Ende gar nicht benennen, für mich war das Ganze einfach zu flach und oberflächlich. Um mich mitreißen zu können, muss einfach mehr kommen – vielleicht bin ich als Vielleser auch zu sehr verwöhnt.