So muss gute Rockmusik klingen
Schon einige Jahre versuche ich DEMON’S EYE so oft wie möglich live zu sehen. Denn schließlich spielen sie die Musik meiner Helden DEEP PURPLE und RAINBOW so, wie ich sie hören möchte. Rockige Gitarrenriffs, dröhnende Orgelsolos, großartiger Gesang und vor allen Dingen viel Platz für Improvisationen. Sie bieten genau das, was die aktuelle DEEP PURPLE Besetzung – bei allem Respekt und tiefster Verneigung – leider in der Form nicht mehr zeigen.
Vor vier Jahren überraschten DEMON’S EYE uns mit Ihrem ersten Studioalbum „The Stranger Within“. Unterstützt vom ehemaligen Rainbow-Shouter DOOGIE WHITE war die CD eines der feinsten Hardrock-Produktionen der letzten Jahre, was auch die verschiedensten Rezessionen in Rockzeitschriften und im Internet bescheinigt haben.
Ich konnte es kaum erwarten, dass neue Album „UNDER THE NEON“ (wieder mit der Unterstützung von DOOGIE WHITE) einzulegen. Würden Sie es schaffen, die Qualität und Vielseitigkeit des ersten Albums zu erreichen oder gar zu übertreffen?
Ich sollte nicht enttäuscht werden. Wie schon der Erstling besteht das Album nur aus eigenen Songs. „UNDER THE NEON“ ist mindestens so abwechslungsreich wie das erste Album und noch ein ganzes Stück härter. Mark Zyk, von vielen Blackmore-Jüngern als Inkarnation gefeiert und der Neuzugang Organist Gert-Jan Naus duellieren sich in den Solos wie Derwische und Maik Keller (Bassgitarre) sowie Andree Schneider (Drums, Backing Vocals, Produktion) legen dazu ein hartes und gleichzeitig vielseitiges Fundament auf den Rohling. Die Songs überzeugen durch grandiose Riffs, abwechslungsreichen Breaks und herrliche Tempowechsel. Irgendwie Seventies-Hardrock und doch niemals angestaubt.
Ein grandioser Doogie White beweist einmal mehr, dass dies genau die Musik ist, die seine Stimme braucht. Ich behaupte sogar, dass „UNDER THE NEON“ sein bis dato beeindruckenstes Gesangswerk ist. Doogie singt oft heavy, mal gefühlvoll, bei einem Song sogar bluesig – aber immer großartig auf dem Punkt. Dieses große Spektrum gelingt ihm dabei mühelos. Das neue DEMON’S EYE Album steht ihm viel besser als z. B. seine Beiträge bei den aktuellen Michael Schenker CD’s.
Bei einigen Songs werde ich sogar an RONNIE JAMES DIO zu RAINBOW-Zeiten erinnert, ohne dass Doogie White versucht, diesen zu imitieren. Zeitweise kommt trotz aller Power von Zeit zu Zeit eine angenehme Wehmut auf, da ich an vielen Stellen unweigerlich an RONNIE und den Maestro JON LORD erinnert werde. Gänsehaut pur.
Zu den einzelnen Songs:
1. EPIC - 1:56
“Epic” ist ein wunderbares Instrumental, das nicht von ungefähr an Rainbow erinnert. Mark Zyk’s Stratocaster baut – gemeinsam mit einer an Marschtrommeln erinnernden Snaredrum – eine sich ins Maßlose steigernde Spannung auf, um dann übergangslos ist das nächste Stück zu leiten.
2. ROAD TO GLORY - 4:36
Der erste Song, in dem Doogie White glänzen darf, ist gleich ein schneller Dampfhammer, mit einem einprägenden Refrain. Besonders die treibende Orgel und die abwechslungsreichen Drums machen diesen Song zu einem glasklaren Rocker. Nach einem Break bietet Gert-Jan Naus ein unerwartet barockes Cembalo-Solo, um danach mit Mark Zyk um die Wette zu duellieren. Ein grandioser Beginn.
3. CLOSER TO HEAVEN - 4:58
Der dritte Titel ist ein etwas langsamerer Song mit einem einfühlsamen Refrain, der immer wieder durch die heavy gespielten Verse unterbrochen wird. Wie viele andere Lieder auf dem Album überzeugen die Breaks und Tempowechsel. Besonders in den ruhigeren Parts besticht Doogie mit seiner einfühlsamen, teilweise engelsgleichen Stimme. Ein schneller Basslauf von Maik Keller leitet in ein grandioses ruhiges Gitarrensolo über, um danach wieder an Tempo zu gewinnen. Großartig!
4. FIVE KNUCKLE SHUFFLE - 4:53
Heavy geht’s weiter. Harte Gitarren und Orgelriffs werden von einem wunderbaren Rhythmusfundament getragen, das hervorragend zu der eher kommerzielleren Gesangslinie passt. Wieder streiten sich Orgel und Gitarre im Solo, wer schneller und härter ist. Ein wenig fühle ich mich an Uriah Heep erinnert. Ich sage dazu nur „Let’s sing Hallelujah“. Amen.
5. WELCOME TO MY WORLD - 7:22
(Zu dem Song gibt's auch einen Videoclip auf der Homepage und bei YouTube)
Sicherlich einer der anspruchvollsten Songs auf dem Album. Das Bassintro von Maik Keller ebnet den Weg zu einem der gefühlvollsten Songs, die ich je von Doogie White gehört habe. Aber nur anscheinend ist es eine Ballade, denn schon bald kommt der erste Break und der Song wird ein herrlicher Rocksong, der Meisterwerken von Rainbow oder Deep Purple in Nichts nachsteht. Der Song wechselt immer wieder Tempo und Intention. Das Gitarrensolo ist einfach nur gigantisch.
6. FINEST MOMENT - 6:04
Ja, genau das ist es: Ein sehr feiner Moment auf dem Album. Ein wunderbarer Slowblues, den Gary Moore nicht besser hätte bringen können. Eine eher ungewöhnliche Gitarre von Mark Zyk, die seine Vielseitigkeit betont. Mir war bisher nicht bewusst, dass Doogie auch ein begnadeter Bluessänger ist. Schließlich folgt noch ein herzzerreißendes Orgelsolo von Gert-Jan Naus. Ein weiterer Höhepunkt auf dem Album.
7. FALLEN ANGEL - 5:06
Eher ungewohnt kommt „Fallen Angel“ daher. Ein Song der zwar rockig ist, aber gleichzeitig funky mit einem kommerziellen, groovenden Refrain. Im Mitteilteil gibt es ein sehr konzertantes Keyboardsolo. Auch dieser Song verdeutlicht die große Bandbreite des Albums und die Qualität der einzelnen Musiker.
8. MASTER OF DESTINY - 4:52
Wieder ein Song, der mich ein wenig an Uriah Heep erinnert. Ein herrlich schnurrender Basslauf geht in einen sehr einprägsamen Refrain über. Während die Gitarre ein hartes Riff spielt, dröhnt die Orgel zu einem sehr ruhigen Gesangsteil, die mich an Ronnie James Dio bei Rainbow oder Elf erinnern lässt. Doogie White singt hier wirklich erstklassig. Nach einem Synthesizersolo kommt gleich ein schnelles Orgelsolo hinterher, das zeigt, dass Demon’s Eye immer wieder ein gutes Händchen für erstklassige Musiker haben.
9. DANCING ON AIR - 3:57
Ein Hardrocksong zum Mittanzen? Geht das überhaupt? Ja! „Dancing On Air“ beweist das. Besonders der Bass und die abwechslungsreichen Drums von Andree Schneider, unterstützt von gelegentlichen Händeklatschen lassen einen mitwippen. Doch spätestens die harten Gitarren- und Orgelsoli lassen einen nicht vergessen, dass wir es hier mit Heavyrock zu tun haben. Kurz vor Schluss gibt noch einen herrlichen Schrei von Doogie. Eingängig, aber spannend.
10. BLOOD RED SKY - 4:02
Ein zeppelineskes Riff mit treibenden, raffinierten Drums, schiebt hier den nächsten Rocksong nach vorne. Im Mittelteil ein Mark Zyk Solo, wie wir es erwarten. Herrlich – aber erzählt das Euren Müttern nicht.
11. THE MESSENGER - 5:21
Der letzte Song des regulären Albums. Heavy packende Drums gepaart mit lieblichen Flötensounds, geben diesem Song eine ganz besondere, spannende Note und über allen thront Doogie, mit abwechslungsreicher Gesangsvielfalt: mal hart, mal weich. Gefolgt von einem der besten Gitarrensolos auf dem Album. Auch am Schluss kommt Mark Zyk noch einmal richtig aus sich raus.
Spiellänge: 53:04 Min.
Die Produktion des Albums ist sehr gut und noch viel besser als beim ersten Album. Der fein abgestimmte Stereosound bietet auch für Klangfanatiker eine große Klangbreite. Empfehlung: Unter Kopfhörer lauschen.
Das sehr ansprechende COVERARTWORK besticht mit eine sehr ansprechenden Titelbild, guten Einzelfotos der Bandmitglieder und allen Texten. Auch die Innenseiten zeigen verschiedene steinerne Engel.
Ich freue mich jetzt schon darauf die Jungs im OKTOBER wieder auf Tour zu sehen und hoffe, dass sie möglichst viele Songs von Ihren beiden Alben auffahren werden. Diese Perlen haben es verdient, live aufgeführt zu werden, denn sie schreien nach Live-Improvisationen.