Ein Songwriter mit enormem Potential
Die Roots-Rock-Band um Arthur Dodge aus Lawrence in Kansas dürfte eingefleischten "Americana"-Anhängern spätestens seit ihrer 3. CD "Nervous Habit" (aus 2000, auch auf Blue Rose erschienen) ein Begriff sein. Damals wurde die CD fast überall gelobt und die Band galt als Hoffnungsträger und Retter der Rock`n`Roll-Traditionen Amerikas zwischen Bruce Springsteen, Waylon Jennings und Neil Young. Arthur Dodge sieht sich da selber eher zwischen den Koordinaten Hank Williams und Paul Westerberg.
Das Comeback "Room # 4" ist eine Sensation geworden. Arthur Dodge muss in den letzten vier Jahren bestrebt gewesen sein, sein ohnehin schon überdurchschnittliches Songwriting zu optimieren. Die CD zeigt sich gegenüber dem (sehr guten) Vorgängeralbum in jeder Beziehung gereift: die Musik ist noch kraftvoller, lebendiger, phantasievoller und kompakter.
Obwohl im hier und jetzt verankert, versetzt einen die Musik zurück in die Tage, als man gebannt den Neuerscheinungen von z.B. Jackson Browne oder Neil Young lauschte und sich wunderte, aus welcher Quelle oder Erfahrung wohl jetzt wieder diese Idee, dieser Soundtupfer oder diese vertrackte, aber doch wohlige Melodie stammen mag. Eine LP wurde als Gesamtkunstwerk verstanden und berührte einen tief im Herzen. Dieses selten gewordene Gefühl beschleicht mich bei "Room # 4". Man stelle sich das Beste von Tom Petty, Bob Dylan, den Byrds und den frühen Silos vor, gepaart mit der Frische der "No Depression" Bewegung. Dazu noch das besondere Etwas von jemandem, der eine Vision und etwas zu sagen hat - dann hat man eine Ahnung, was einen erwartet.
Die verwendeten Assoziationen dienen nur als Anhaltspunkt für die Beschreibung der Stimmungen dieser CD. Arthur Dodge besitzt genügend Klasse und Eigenständigkeit, um für sich genommen zu überzeugen. Songs wie das eindringlich-raffinierte "Ghost car", der merkwürdige Doo-Wop-Fake von "Wormhole" und die Balladen "Carry me", "Hung on", "My baby`s in my town" "Sister played piano" und "Fell" macht ihm zur Zeit kaum jemand nach.
Dann ist da noch der stramme Mid-Tempo-Rocker "Gates". Ein perfekter Opener. "Creature of the night" ist ein Shuffle, der Randy Newman gefallen könnte. Pop der gehobenen Klasse bietet "Hustlin` California". Eine Verschmelzung von Fleetwood Mac`s "Rumours" mit Tom Petty`s "Wildflowers". Bob Dylan zu Zeiten von "Planet Waves" fällt mir zu "Let my reach exceed my grasp" ein. Auch keine üble Referenz. Die Coverversion von "Why not your baby" von Gene Clark (im Original aus den "The Fantastic Expedition of Dillard and Clark" Sessions, 1968 nur als Single veröffentlicht) zeugt von Geschmack und Mut, schließlich muss man dem genialen Song erst mal eine gleichwertige Interpretation entgegensetzen. Auch dies ist gelungen.
Einziger Makel an dieser Veröffentlichung: Blue Rose hat leider nicht die Texte spendiert. Es sind wahrlich harte ökonomische Zeiten angebrochen, wenn ein Qualitätslabel schon daran sparen muss...
Habe ich die Zukunft des Rock`n`Roll gehört ? Wohl nicht. "Nur" einen Songwriter mit enormem Potential und eine Band, die seine Ideen traumwandlerisch umsetzt.
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