Poetischer Krimi
Rosa Zambrano, Seepolizistin in Zürich, ist eine warmherzige Ermittlerin, sensibel und mit allen Sinnen genießend. Sie liebt ihre Heimatstadt, ihren kleinen Garten und das was sie aus der Ernte in der Küche zaubern kann. Der gesamte Krimi ist von dieser Lebenskunst geprägt: Während andere Krimis zu immer größerem Lesetempo antreiben, weil die Spannung sonst unerträglich wird, lebt dieser von den Beschreibungen der Stadt, des Sees und der Menschen. Ich möchte fast sagen, dass er trotz der Ereignisse eine Wohlfühlatmosphäre schafft, so dass man am liebsten gar nicht aufhören möchte zu lesen, sondern lieber noch länger verweilen.
Diese Muße beim Lesen habe ich noch nie bei einem Krimi empfunden, und zugleich fordert der Roman auch das bedächtige und genaue Lesen, denn wichtige Ereignisse werden nur in wenigen Worten, in vorsichtigen Beschreibungen angedeutet. Man könnte leicht etwas versäumen.
Selten habe ich auch eine so ästhetische Beschreibung eines Mordes gelesen: „Das Letzte, was Moritz Jansen hörte, war der Rhythmus seines Herzens, wie eine ferne Vibration, die langsam verebbte.“
Wer den Thrill mit viel Blut, Tod und Gewalt sucht, wird hier nicht fündig werden. Doch wer erleben möchte, wie sich zwischen den Schönheiten einer Stadt das Verbrechen versteckt, und aktuelle Fragen nach den moralischen Grenzen der modernen Genetik nach Antwort und gesetzlicher Regelung verlangen, der sollte nach diesem Buch greifen.
Nach meinem Geschmack hätten allerdings die familiären Geschichten der ermittelnden Beamtin etwas wenig intensiv (und streckenweise etwas verwirrend) beleuchtet werden müssen. Stattdessen hätten mich tiefere Einblicke in die Genforschung und ihre moralischen Implikationen sowie in die Härten des modernen Wissenschaftsbetriebs mehr interessiert. Aber das mag an meiner Vorliebe für Wissenschaftsthriller liegen.