Gelungenes Erstlingswerk von Tim Bergling alias "Avicii"
Das Debütalbum "True" des schwedischen Ausnahmekünstlers "Avicii" sorgte für viel Furore und bescherte dem jungen Musiker das erfolgreichste Jahr seiner bisherigen Karriere. Nachfolgend möchte ich auf jeden einzelnen Track mittels eines 5-Punkte-Bewertungssystems näher eingehen.
01. Wake Me Up - 3,5/5: Mit dieser Nummer hat Avicii den 'Country-House' erfunden. Und die Welt hat es ihm gedankt. Eine durch und durch stimmige Komposition, kombiniert mit der genialen Soul-Stimme von Aloe Blacc. Punkteabzüge gibt es deswegen, weil ich wenigstens eine 'Album Version' statt des bereits totgehörten 'Radio Edit' erwartet hätte.
02. You Make Me - 1/5: Auch nach mehrmaligem Hören kann ich mit diesem Song einfach nicht warm werden. In einer Endlosschleife werden die (ohnehin nicht sonderlich einfallsreichen) Vocals von Salem Al Fakir mehrmals wiederholt. Die Melodie ist gleichbleibend, ein monotones Piano begleitet von dezenten Beats und einem eigenartigen Synthie im Refrain. Es klingt fast so, als habe jemand einfach den Repeat-Knopf betätigt, um den Track künstlich in die Länge zu ziehen.
03. Hey Brother - 5/5: Ähnlich wie bei Wake Me Up, meistert Avicii auch hier gekonnt den Spagat zwischen Country und House. Ein wunderschöner Text, gesungen von Dan Tyminski, im Wechselspiel mit einem fanfareartigen Drop, verpackt in einem netten kleinen Liedchen. Für mich eines der Highlights auf dem Album.
04. Addicted To You - 2/5: Das wohl am weitesten von elektronischer Musik entfernte Lied auf dem Album. Die Stimme, welche erstaunliche Ähnlichkeiten zu Adele aufweist, stammt von der relativ unbekannten Country-Sängerin Audra Mae. Untermalt wird sie von einer dezenten Gitarre und einem sehr im Hintergrund gehaltenen Beat. Ein an sich schöner Song, welcher aber mit 2:28 viel zu kurz geraten ist und dem es außerdem an der gewissen Würze fehlt.
05. Dear Boy - 5/5: Mein absoluter Favorit auf dem Album. Die fast schon mysteriöse Stimmung des Tracks, kombiniert mit dem Old-school Synthie-Beat, konnte mich bereits seit dem 'Vive One Festival' begeistern. Der Gesang von Karen Marie Orsted wurden extra für das Album neu eingesungen, was bei den Fans für Unmut gesorgt hat. Anfangs stand ich den neuen Vocals zwar auch skeptisch gegenüber, inzwischen gefallen sie mir aber sogar besser, da sie eine Spur natürlicher klingen.
06. Liar Liar - 1/5: Bis zum Refrain ist dieser Song mit Vocals von Blondfire noch in Ordnung. Die Melodie erinnert an 'Speed', die Frauenstimme klingt natürlich und freundlich. Doch dann kommt der vermeintliche Drop, und alles geht den Bach runter. Der nun einsetzende männliche Part wird mit einer Orgel hinterlegt und passt so wenig zu dem restlichen Song, dass es weh tut. Da Avicii dieses Lied kurz vor der Veröffentlichung von True auf mehreren Festivals mit seiner Stars/Paradise Weekend ID kombinierte, war die Erwartungshaltung sehr hoch, und die Enttäuschung, dass er dann doch einen eigenen Track daraus gemacht hat, dementsprechend groß.
07. Shame On Me - 5/5: Ein weiteres Highlight des Albums. Das Wechselspiel zwischen Männer- und Frauenstimme von Sterling Fox und Audra Mae erinnert an einen heftigen Beziehungsstreit, dazu gibt’s fetzige Progressive Beats unterlegt mit mächtigen Piano-Riffs. Großartig!
08. Lay Me Down - 4/5: Adam Lambert und Nile Rodgers lassen es krachen. Das Ergebnis erinnert fast an Daft Punks letztes Album, mit dem Unterschied, dass man statt der faden Roboterstimmen hier wenigstens auch einen ordentlichen Drop bekommt. Die Nummer ist zwar aus musikalischer Sicht eine Bombe, besitzt jedoch nach dem ersten Refrain ziemliche 'Längen'. Das können leider auch die diversen Gitarren-Solos von Nile Rodgers nicht mehr ändern.
09. Hope There's Someone - 3/5: Avicii hat einen relativ unbekannten Song von Antony and the Johnsons mit der Stimme von Linnea Henriksson in ein völlig neues Lied verwandelt. Der Anfangs leise und ruhige Track hat einen kontinuierlichen Spannungsaufbau, bis er schließlich nach der 2. Strophe in einem alten Bekannten gipfelt: der “Clubbed To Death” ID. Ein gutes Konzept, dass der Drop jedoch erst ganz am Ende einsetzt wirkt sich eher nachteilig aus.
10. Heart Upon My Sleeve - 3,5/5: Mir haben die namensgebenden Vocals von Dan Reynolds für diesen Track sehr gut gefallen und ich verstehe nicht, wieso sie in der finalen Version weggelassen wurden. Es bleibt bis heute ein Rätsel, was die Produzenten des Albums dazu bewogen hat. Der Track selbst: Die lang ersehnte Summerburst ID 2, neu aufpoliert und mit schönen Gitarrenklängen hinterlegt. Der Drop ist für mich der kleine Bruder von Edom, ansonsten gibts eigentlich nicht mehr viel zu sagen.
Gesamtwertung des Albums - 4/5: Es war ein langer und harter Weg bis zum Ziel. Im März 2013 zweckentfremdete Avicii das berühmte Ultra Music Festival zu einer Konzertbühne und ließ fast das gesamte Ensemble des späteren Albums live auftreten. Den Anfang machte Aloe Blacc mit Wake Me Up, die Uraufführung des späteren Welterfolges. Die großartige und abwechslungsreiche Show mit Live-Gesang und einer echten Countryband wurde anfangs noch hart kritisiert. Auf twitter überschlug man sich mit Gehässigkeiten regelrecht, die gewagte House und Country Kombination wurde als Spinnerei abgetan und Avicii musste sich in dieser Zeit einiges an Anfeindungen gefallen lassen. Um endlich Licht in die Sache zu bringen, entschloss er sich im April kurzerhand, einen exklusiven Promo-Mix mit einigen Tracks aus dem Album zu veröffentlichen. Und schon waren die bösen Geister besänftigt. Kaum einer verlor noch ein böses Wort über Avicii's "Country House", die Leute fanden nun sogar zusehends Gefallen an der neuen Musikrichtung. Weitere zwei Monate später, pünktlich zu Sommerbeginn, veröffentlichte Avicii den ersten Titel seines Albums. Der Rest ist Geschichte. Trotz einiger schwacher Titel und dem großen Faux-Pas bei Liar Liar kann ich dem Album insgesamt doch sehr viel abgewinnen. Avicii hat mit diesem Album völlig neue Wege beschritten und gezeigt, dass es in der elektronischen Musik eben auch anders geht. Wer nun Interesse bekommen hat, dem Rate ich wärmstens zum Kauf des Albums, allerdings unbedingt in digitaler Form! Wer einen noch besseren Eindruck vom Album bekommen möchte, sollte sich auch unbedingt die auf iTunes exklusiv erhältlichen Titel Long Road To Hell und Edom, sowie die beiden auf Spotify erhältlichen Titel Canyons und All You Need Is Love anhören, da diese meines Erachtens fester Bestandteil des "Gesamtkunstwerks" True sind!