Besonderes Produkt
Die Eltern des Komponisten folgten dem Trend der Zeit, als deutsche Handwerker und Künstler ins Russische Reich zogen, weil sie sich dort bessere Perspektiven versprachen als in Sachsen oder Preußen. Und so kam Reinhold Gliére im damals noch russischen Kiew zur Welt. Nach der Oktoberrevolution und unter der Diktatur Stalins war es dann für die Deutschen und ihre Nachkommen schwierig. Entweder sie wurden verfolgt und kamen um, wie der Trompeter Oskar Böhme, oder sie wurden linientreu wie Gliére und bekamen hohe Ämter und dreimal den Stalinorden umgehängt. Harte Zeiten. Dies ist wohl einer der Gründe, warum man Gliére lange Zeit auch in Russland nicht gespielt hat. Inzwischen nimmt man sich seiner Werke wieder an. Seine Streichquartett sind schönste Spätromantik. Als Schüler der Moskauer Schule in der Linie Tschaikowski, Tanejew, Arensky schrieb er mehr europäisch mit volksliedhaftem Einschlag, als die Petersburger Fraktion um die Mächtigen Fünf. Trotzdem widmete er sein zweites Streichquartett Nikolai Rimski-Korsakow, einem ihrer Vertreter. Die Stücke entstanden zur Jahrhundertwende noch im Zarenreich. Es sind musikalisch schon eine Reihe von Reibungen und Wendungen enthalten, die auf die kommende Zeit verweisen. Das Gliére Quartet, ein internationales Ensemble von Orchestermusikern renommierter Klangkörper, interpretiert die Werke stilgerecht mit viel Spielfreude. Die vielen Stimmungswechsel, wie im Variationssatz von Opus 2 oder die Folklore der Schlusssätze des g-Moll-Quartetts kommen toll rüber und nehmen den Hörer gefangen. Das Begleitheft mit leicht verständlichem englisch-polnischen Text (es ist eine polnische Plattenmarke) ist mit Aquarellen des zeitgenössischen polnischen Malers Bartlomiej Michalowski bebebildert. Die Platte ist damit für Aug' und Ohr ein schönes Kunstwerk.