Großartige Rollenverkörperungen durch Kaufmann, Georghiu, Terfel
Die Inszenierung von Jonathan Kent ist von der optische Ebene traditionell und insofern das, was viele Opernliebhaber schätzen.
Das singschauspielerische Konzept überzeugt dank großartiger Interpreten restlos, ist hautnah, berührend, emotional.
Das gesamte sängerische Ensemble überzeugt, die Schlüsselrollen sind mit Interpreten "vom Stoff aus dem die Träume" sind besetzt.
Jonas Kaufmann singt einen begeisternden Cavaradossi , eine ungemein nuanciert, souveräne Gestaltung, in allen Belangen ein sängerisches Ereignis.
Auch das Tosca Porträt von Angela Georghiu ist berückend emotional, mit ihrem traumhaften Sopran mit der tendenziell warmen Note.
Dämonisch, zynisch, ätzend der Scarpia von Bryn Terfel, ein singschauspielerisches Ereignis, eine seiner stärksten Rollen.
Antonio Pappano dirigiert mit emotional berührendem Zugriff.
Insgesamt ein Großereignis des Musiktheaters, das man sich nicht entgehen lassen sollte.
Anmerkungen zu Jonas Kaufmanns Timbre:
Immer wieder in Pressorganen oder Internetforen wiederholte Behauptungen zur Stimme von Jonas Kaufmann, möchte ich hier einmal fachlich beleuchten. Vorwürfe von Eindunkelung, Einfärbung, mangelnde Piani und Registerbruch gehören zu den unsinnigen Einlassungen.
Fakt ist vielmehr folgendes, wobei man das Timbre nicht mögen muß, um das von vorn herein klarzustellen.
Timbreaffinitäten sind extrem subjektiv und jeder wird es ein wenig anders erleben.
Offenes und gedecktes Singen sind Fachtermini aus der Gesangspädagogik überwiegend deutscher Tradition.
Kaufmann singt mit der Technik des - gedeckten Singens - Merkmale sind ein tief gestellter Kehlkopf, Erweiterung des Vocaltraktes. Diese Technik hat Vorteile, führt zu etwas gaumigerem Singen, was dann fälschlicherweise als defizitär dargestellt wird.
Das offene Singen bedingt, daß der Kehlkopf steigt und zwar mit zunehmender Tonhöhe, die Stimme klingt heller. Bestimmte Liebhaber bevorzugen diesen Stimmklang, was geschmacklich in Ordnung geht.
Für welche Technik sich ein Sänger entscheidet , hängt von der individuellen Beschaffenheit seines Stimmapparates ab, hat aber absolut nichts mit falsch oder richtig zu tun. Den gleichen Ansatz gibt es in italienischen Gesangsschulen.
Pianischwächen bei Kaufmann sind schlicht nicht existent, gerade er liefert exemplarisch eingebundene Piani von großer Klasse, die man in dieser sängerischen Kultur sehr selten hört.
Von Registerbruch und den angeführten, angeblichen Mängeln kann keine Rede sein, nur werden sie durch Presseorgane multipliziert, in denen Autoren schlicht keine Ahnung von gesangstechnischen Aspekten haben, in Foren aufgenommen und breitgetreten. Dies wird dann von Lesern verinnerlicht und als eigene Meinung in Foren unter die Leute gebracht.
Kaufmann hat einen begeisternden Werther und Siegmund gesungen, eine stimmfachlich nahezu unglaubliche Spannbreite, die er abdeckt. Selbst die von allen gefürchetete Partie des Bacchus in Ariadne auf Naxos hat er glänzend gemeistert. Aber wíe fast immer, wird die ganze Klasse eines Sängers in der später einsetzenden Legendenbildung Platz greifen.