Ad opera -Belehrungsfanatismus
Zum letzten Male versuche ich Ihren Verstand etwas zu erhellen und Ihren penetranten Fehlaussagen Logik und Verstand entgegenzusetzen, habe aber wenig Hoffnung, da Sie zu sinnverstehendem Lesen offenbar entweder nicht fähig oder nicht willens sind.
1. Die eine allgemeingültige Inszenierung gibt es nicht und kann es nicht geben. Dass Wagner gerade mit den Kostümen für seinen ersten Bayreuther Ring sehr unglücklich war, ist allbekannt. Es geht nicht um "Flügelhelme" etc. und gerade die Inszenierungen der Wagner-Enkel sind in ihrer Konzentration auf den gedanklichen Kern der Werke maßstabsetzend. Ich bin ein großer Fan ihrer Arbeit.
Aber wogegen ich mich bei Inszenierungen wende (betrifft nicht nur Wagner, allerdings widerfährt gerade ihm "bevorzugt" eine solche "Behandlung" durch die Regisseure), ist die meist willkürliche, oft unlogische, in sich inkongruente oder sogar konträre Inszenierung des Werkes zu seiner dramatischen Handlungsebene im Libretto und der musikalischen Ebene in der Partitur. Sie widerspricht damit eindeutig Wagners Ansatz seines "dramma per musica". Lesen wir bei ihm nach.
Zu dem von Wagner kritisch gesehenen Begriff "Musikdrama": "Der ernstlich gemeinte Sinn der Bezeichnung war dagegen wohl: ein in Musik gesetztes wirkliches Drama. Die geistige Betonung des Wortes fiele somit auf das Drama, welches man sich vom bisherigen Opernlibretto verschieden dachte, und zwar namentlich darin verschieden, dass in ihm eine dramatische Handlung nicht eben nur für die Bedürfnisse der herkömmlichen Opernmusik hergerichtet, sondern im Gegentheile die musikalische Konstruktion durch die charakteristischen Bedürfnisse eines wirklichen Drama's bestimmt werden sollte."
Zum Verhältnis Musik und Drama:
"Zu diesem "Schauspiele" verhält sich nun die Musik in einer durchaus fehlerhaften Stellung, wenn sie jetzt nur als ein Theil jenes Ganzen gedacht wird; als solcher ist sie durchaus überflüssig und störend, wesshalb sie auch vom strengen Schauspiele endlich gänzlich ausgeschieden worden ist. Hiergegen ist sie [die Musik] in Wahrheit der Mutterschooss auch des Drama's. In dieser Würde hat sie sich aber weder vor, noch hinter das Drama zu stellen: sie ist nicht sein Nebenbuhler, sondern seine Mutter. Sie tönt, und was sie tönt, möget Ihr dort auf der Bühne erschauen; dazu versammelte sie Euch: und desshalb eröffnet sie Euren Blicken sich durch das scenische Gleichniss, wie die Mutter den Kindern die Mysterien der Religion durch die Erzählung der Legende vorführt."
Daraus wird das Folgende ersichtlich:
1. Obwohl opera es wortreich bei meiner Parsifal-Rezension bestritten hat: Die Musik ist die "Mutter des Dramas". Sie ist kurz gesagt das Wichtigste, der "Urquell" poetisch anders formuliert. Natürlich nicht absolut - wie opera es mir fälschlich unterstellt hat.
2. Musik und Drama bilden die unauflösliche Einheit, um das szenische Gleichnis auf der Bühne darzustellen. Eine "Legendenerzählung" als Veranschaulichung des "Mysteriösen" in der "Religion". Daraus folgt unweiglich sinngemäß und verstandeslogisch: Musik, Gesang(-sinhalt) und Inszenierung müssen eine logische, sinnvolle Einheit bilden, um als "Erzählung" zu funktionieren. Wenn auf der Bühne etwas anderes geschieht, als von was gesungen wird, zerstört es unweigerlich den Gesamteindruck und das Gesamtkunstwerk kann nicht mehr so funktionieren, wie es sein Schöpfer wollte. Das bedeutet: Man kann zwar problemlos Ausstattungsdetails weglassen, die nicht handlungsrelevant sind (z. B. Pferde der Jagdgesellschaft, mittelalterliche Kleidungsmode), aber man kann nicht Elisabeth zur besten Freundin der Venus "umgestalten". Das passt musikalisch und dramatisch nicht.
Und bevor opera mir wieder wahrheitswidrig antiquierte Ansichten bezüglich aktueller Inszenierungen unterstellt: Man beachte andere Rezensionen von mir, in denen ich natürlich nicht alles Neue in Bausch und Bogen ablehne, aber versuche, differenziert sinnvolle Inszenierungsansätze zu loben und unsinnige zumindest wage zu hinterfragen (vgl. Gatti/Tristan, oder Thielemann/Walküre).
Genug der Worte. Hören wir lieber gute Musik.