Neckische Kurzweil
Gerade einmal anderthalb Stunden lang (und das ohne Striche!) ist dieses dreiaktige Dramma giocoso und diese vergehen viel zu schnell: parlando-plappernd vorgetragene Rezitative und charakteristisch-treffsicher gesungene Arien helfen dabei dem Hörer, der der italienischen Zunge nicht mächtig ist, einen lebendigen Eindruck der Personen zu erhalten, die alle ein wenig neckisch daherkommen. Daher fällt es auch nicht schwer, sich in diese heitere Handlung ganz zu vertiefen. Wahrscheinlich durch die Mikrofonaufstellung bei dieser Live-Aufnahme tritt hier und da der Souffleur ein wenig zu stark hervor, aber mit ein wenig Fantasie bekommt man dadurch das Gefühl bei der Aufführung in der ersten Reihe zu sitzen (kleiner Scherz am Rande).
Das Ensemble ist gradezu perfekt. Graziella Sciutti, die die Hauptperson der reichen Müllerin Rachelina darstellt und mein eigentlicher Hauptgrund zur Anschaffung dieser Aufnahme war,, ist ein nicht weniger großartiges Ensemble zur Seite gesellt. Der mit tiefen Brusttönen Ehrerbietung heischende Gouverneur Rospolone (gesungen von Franco Calabrese), der übermütige und gleichzeitig feige Notar Pistolfo (gesungen von Sesto Brusciantini) und die liebliche Amaranta (gesungen von Giovanna Fioroni), die ihr Dasein als Kammerzofe der Donna Eugenias fristet (von der Anlage ähnlich der Marzellina im "Barbier aus Sevilla") sind ideal besetzt und diese Sänger bieten mit ihren Interpretationen ein lebendiges Bild der heiteren Handlung. Von den übrigen Männern, die um die holde Schöheit herumscharwenzeln, möchte ich noch den Luigino bzw. dessen Sänger Agostino Lazzari erwähnen, dessen Buffo-Tenor einfach herrlich anzuhören ist und mit dem Lazzari in der Arie "Signora baronessa" im ersten Akt (Track 4) brilliert. Einzig Alvinio Misciano klingt als Calloandro in den Ensemble-Sätzen, die über das Duett hinausgehen, und in manchen Solos für meine Begriffe etwas zu heldisch-angestrengt.
Das anschließende schwermütige Misere von Niccolo Jommelli bietet einen starken Gegensatz zu der heiteren Gesellschaft, die man vorher in ihrem Leben und Weben begleitete, aber gleichzeitig eine schönen Eindruck dieses, meiner Meinung nach, viel zu selten gespielten Komponisten. Hier ist es vor allem das Verdienst des Dirigenten Franco Caracciolo, der es mit geübter Hand versteht die wunderbaren Sopranistinnen und das Streichorchester zu leiten, sodass sich Andacht und Spannung in dieser Aufnahme die Waage halten.