Ein Un(glücks)fall
Von Zeit zu Zeit besteht der Anreiz, alte Schallplatten durch entsprechende CD´s zu ergänzen. Besonders, wenn es sich hier um moderne Überspielungen mit aktueller Digitalhardware handelt.
Mit großer Vorfreude auf die seinerzeitigen Ohrwürmer dieses Albums war meine Erwartungshaltung somit hoch gesteckt, da ein 2011er Digital-Remaster angekündigt war. Sollte doch die Digitaltechnik nunmehr aus ihren Kinderschuhen entwachsen sein und auch bei anspruchsvollen (Analog)Ohren Akzeptanz finden.
Charakteristisch ist auf dem Album u.a. das Saxophon im Titel Baker Street und soll hier als Beispiel dienen. Doch was für eine Enttäuschung! Eine derartige „Tröte“ ist mir höchstens von einem MP3-Player bekannt. Der Vergleich mit einer alten Analogplatte lassen die „Nackenhaare“ zu berge stehen. Anblasgeräusche, natürliche Dynamik oder gar Räumlichkeit werden ausnahmslos durch „Lautheit“ ersetzt. Wieder einmal wurde vermutlich zu Gunsten geringerem Bandrauschens der alten Analogaufnahme komprimiert. Die vermeintliche Präsenz und Transparenz kippt hier in nervig um. Im weiteren Verlauf fällt auf, dass z.B. Streicher oder Schlagzeugbecken stumpf und verfärbt erscheinen. Auch mit dem besten Wohlwollen erzielt kaum ein Instrument seinen charakteristischen Eigenklang und wo ist u.a. die Melancholie in der Stimme von Gerry Rafferty geblieben? Lediglich treibende und druckvolle Bassläufe sind positiv zu erwähnen.
Mir ist völlig schleierhaft, wie „verbogen“ und unnatürlich die einzelnen Titel reproduziert werden. Unterschwellig stellt sich der Eindruck ein, dass hier Klänge reproduziert werden, jedoch der musikalische Zusammenhalt, das Miteinander der Musiker, fehlen. Sollte das etwa der ursprüngliche Klang des Albums sein? - Gottlob nicht! -
Hier ist erneut ein Remaster entstanden, dass leider an die Anfänge der Digitaltechnik erinnert und dem Vorurteil gegenüber Digital (kalt, steril, unnatürlich) par excellence gerecht wird. Ich muß schon reichlich grübeln, wann eine vergleichbar mit Mängeln behaftete schlechte Reproduktion in meinem CD-Player rotierte. Und ist es nun purer Zufall, dass ich just an ein Remaster der Beatles (rote/blaue Doppel-CD, die zwischenzeitlich nicht mehr im Angebot von jpc ist) denke und dieses ebenfalls einem EMI-Digital-Remaster entstammt?
Der Leser könnte nun den Eindruck bekommen, dass hier „Erbsenzählerei“ veranstaltet wird und ggf. eine Vielzahl von Käufern dieses Albums mit dem Klang konform gehen. Meine Intension ist nicht der „Verriss“ eines Produktes sondern eine möglichst konkrete, jedoch sicherlich immer subjektive Meinung zu äußern, die auf Vergleichbarkeit beruht. Und ich erlaube mir auch, professioneller Kritik einschlägiger Magazine, zu widersprechen.
Als Fazit dieser Veröffentlichung bleibt lediglich der EMI eine gute Absicht zu unterstellen, die mit einer stabilen Papp-Hartbox samt Beilage positiv aufwarten kann. Diese ist jedoch nicht ausreichend, da in klangtechnischer Hinsicht erhebliches Verbesserungspotenzial besteht. Aus meiner Sicht schade, schade…
Zum Ende mein der Wunsch, dass sich auf Remaster alter Aufnahmen spezialisierte Label wie MFSL oder Analogue Productions auch dieses Werkes einmal annehmen, zur Freude der Kunden echter, musikalischer Musikreproduktion.