Endlich entspectorisiert?
George Harrison: All Things Must Pass (Limited Super Deluxe Box, 8 LPs, 180g, Laufzeit ca. 267 Minuten, 68-seitiges Buch, 2021)
KURZFASSUNG:
Schön aufgemachte Box mit acht LPs, einem hübschen Begleitbuch und ordentlichem, aber z.T. stark komprimiertem Klang.
LANGFASSUNG:
Ganz ehrlich? OK, George Harrison war nie der geborene Rock'n'Roller. Vielmehr galt er als der ''stille Beatle'', der es schwer hatte, sich gegen die tonangebenden Herren Lennon und McCartney durchzusetzen. Viele seiner Songs wurden von ihnen kurzerhand abgelehnt, aber trotzdem bereichern einige seiner Kompositionen, z.B. ''While My Guitar Gently Weeps'', ''Something'' oder ''Here Comes The Sun'' ganz entscheidend den Beatles-Katalog. Als dann im April 1970 Schluss mit den Fab Four war, trommelte George zahlreiche Kollegen zusammen und packte etliche seiner abgewiesenen sowie ein paar neue Songs auf eine Doppel-LP, die mit einer weiteren Platte mit Studio-Jams gar zum Triple-Album mit über 100 Minuten Spieldauer anwuchs.
Für viele gilt dieses Album, ''All Things Must Pass'' betitelt, als das beste George Harrisons, wenn nicht sogar als bestes Solo-Album eines Ex-Beatles überhaupt. Auch, wenn hier eben kein Rock'n'Roll, sondern eher gemäßigtere bzw. zum Teil sogar bedrückende Klänge vorherrschten. Trotzdem warf das Album mit ''My Sweet Lord'' und ''What Is Life'' zwei gepflegte Hits ab. 2001 erschien das Set zum 30. Jubiläum in einer erweiterten Version, bei der Harrison bereits anmerkte, wie gerne er das Ganze von diesem ''Wall of Sound''-Bombast befreien würde.
Nun, dieses Vorhaben konnte George Harrison, der am 29. November 2001 starb, nicht mehr in die Tat umsetzen. Doch nachdem seit längerer Zeit feststeht, dass das 50. Jubiläum von ''All Things Must Pass'' mit einer umfassenden Neuauflage angemessen gewürdigt wird, beschäftigt genau diese Frage nach der so genannten ''Entspectorisierung'' viele Fans schon im Vorfeld. Wie wird der Remix klingen? Gibt es endlich die ersehnte Reduzierung des von Co-Produzent Phil Spector verursachten ''Wall of Sound''? Wir werden es hören.
Denn nun ist es endlich soweit. Wie inzwischen üblich, erscheint das Ganze in den unterschiedlichsten Formaten und bietet dem Fan damit die Möglichkeit, den Umfang des Pakets ganz nach dem noch vorhandenen Platz im Beatles-Regal (bzw. dem Füllstand der Geldbörse) selbst zu bestimmen.
Die absolute Uber-Komplett-Box dürfte für die meisten eh unerschwinglich sein, ich wüsste auch nicht, wohin mit den Gartenzwergen. Die 5 CD/1 BluRay-Box überschreitet kaum das Größenmaß einer Single, entsprechend klein fällt das enthaltene Buch aus. Also blieb für einen Vinyl- und Bücher-Freak wie mich nur eine Entscheidung: es müssen die LPs sein.
Nur welche? Das 3er Set entspricht vom musikalischen Inhalt her dem Original-Album (allerdings in neu abgemischter Form) und enthält zudem eine Replik des ursprünglichen Posters sowie ein 8-seitiges Beiheft mit einigen Fotos und Anmerkungen von Dhani Harrison und Paul Hicks zum neuen Remix des Albums, die 5 LP-Box wurde bei ansonsten gleichem Inhalt um 2 LPs mit 17 weiteren Session-Tracks auf insgesamt 40 Songs erweitert.
Alles sehr schön, aber die 8 LP-Kiste legt nochmal ein ordentliches Pfund obendrauf. Hier sind nicht nur jene 70 Tracks drin, die wir auch in der CD/BluRay Super Deluxe Edition-Box finden, sondern dazu ein Buch, das in diesem Format in den anderen Editionen nicht enthalten ist. Die drei LPs des Original-Albums sind in einer eigenen Box untergebracht, die fünf weiteren in einem anderen, einer EMI-Tape-Box nachempfundenen Behältnis. Die Platten an sich stecken in gefütterten Papierhüllen (hier hatte mal endlich jemand ein Herz für Plattensammler!), separat dazu liegen dem Set farbige Hüllen bei, die vom Design her den 1970er Originalen entsprechen (bei den drei Album-LPs) bzw. ähnlich gestaltet wurden (bei den fünf übrigen Platten).
Stürzen wir uns zunächst auf das Buch: LP-groß, Hardcover, aber mit rund 12 mm Dicke doch recht schmal geraten. Trotzdem: inkl. Einband umfasst das Teil 68 Seiten. ''Track by track'' wird hier jeder einzelne Song des Albums vorgestellt, bis auf wenige Ausnahmen auf jeweils einer Doppelseite. Nach einer kurzen Einleitung inkl. Aufnahme-Datum und -Studio kommt neben einigen Mitwirkenden vor allem der stille (Ex-) Beatle ausgiebig zu Wort und plaudert ein wenig über die Entstehungsumstände, Aufnahmen, Musiker usw.
Zahlreiche Fotos lockern das Ganze z.T. collagenartig auf, nicht umsonst wird dieses Buch auch als ''Scrapbook'' bezeichnet. Auch Tagebucheinträge, Tape-Boxen und nicht zuletzt etliche handgeschriebene Songtexte Harrisons sind zu sehen, der offenbar jedes beschreibbare Medium für seine Ideen nutzte: Notizzettel, Briefumschläge, Plattenhüllen... alles sehr nett und dekorativ zusammengestellt. Die letzten Seiten sind auch hier für Anmerkungen Dhani Harrisons und Paul Hicks' zum neuen Remix des Albums reserviert.
So schön das Buch auch ist: ich vermisse genauere Angaben, wer denn nun auf welchen Tracks welche Instrumente gespielt hat. Leider gibt es auch hier nur die allgemeine Übersicht der an diesem Album beteiligten Musiker. Aber gut, das war damals offenbar ein ständiges Kommen und Gehen, und wenn man dann auch noch solche Banalitäten notieren soll, nur weil 50 Jahre später irgendjemand danach fragen könnte...
OK, jetzt legen wir endlich die LPs auf.
LP 1, 2 und 3
enthalten ''All Things Must Pass'' in einem neuen Mix, der hauptsächlich Georges Stimme stärker in den Vordergrund treten lässt. Dadurch erscheint das Album in einem neuen Klang, der zunächst klarer, aber auch ungewohnt ist. Manchmal drängt sich dabei der Eindruck auf, Georges Stimme wurde nachträglich auf den Instrumental-Track gepappt, ohne auf die nötige Homogenität zu achten. Das ist bestimmt nicht jedermanns Ding, und so gibt es hier zumindest Raum für Diskussionen. Die Höhen wurden etwas zurückgenommen, dafür erscheint der Bass kräftiger. Hier und da sind auch Instrumente zu hören, die im bisherigen Mix schlichtweg untergegangen waren.
Und Spector? Genau: in den vier Songs, bei denen sich Spector am leidenschaftlichsten ausgetobt und das Ganze mit seinem ''Wall of Sound'' förmlich zugekleistert hat (ich spreche von ''Wah-Wah'', ''Let It Down'', ''Awaiting On You All'' und ''Art Of Dying''), wird deutlich, dass der Produzent die Aufnahmen mit einem derart gewaltigen Echo versehen hat, das sich wohl nicht mehr so einfach herausmischen lässt. Hier gerät die von vielen herbeigesehnte ''Entspectorisierung'' an seine Grenzen. Andererseits: durch die neue Abmischung wurde das Ganze wenigstens ein bisschen gemäßigt. Und schließlich haben wir das Album 50 Jahre lang genau so und nicht anders gehört!
Eine Sache wird Ihnen bestimmt auch auffallen: beim Remix von ''Isn't It A Pity (Version Two)'' muss irgendwas schief gelaufen sein. Die Instrumente während des Solos laufen derart asynchron, dass es in den Ohren weh tut. Was da genau passiert ist, weiß ich nicht. Jedenfalls war das bei der Original-LP noch nicht so.
Die Studio-Jams der dritten LP wurden übrigens nicht neu abgemischt, auch wenn das vielleicht durch einen Hinweis im Buch suggeriert wird (''2020 Stereo Mixes''). Das ist auch so gut wie nicht möglich, da diese Aufnahmen hauptsächlich auf Zweispurbändern erfolgten. Trotzdem geht es ordentlich ab bei diesen Tracks, die Band (oder soll ich sagen diese Ansammlung von exzellenten Musikern?) explodiert förmlich im Studio, vor allem Eric Clapton sticht mit seinem gekonnten Gitarrenspiel hervor. Auch Georges Geburtstagsständchen für seinen (Ex-) Kollegen John Lennon ist dabei (und wird immer noch im Tempo variiert, was mich nach wie vor abtörnt). Beim Intro von ''Thanks For The Pepperoni'' wurde Chuck Berry bestimmt blass vor Neid, ''Out Of The Blue'' kommt etwas ruhiger, spacig/bluesiger daher.
Kleine Anmerkung zu ''I Remember Jeep'': laut Begleitbuch wurde dieser Track als ''Jam Peace'' schon am 29. März 1969 bei den Sessions für Billy Prestons erste Solo-LP aufgenommen, also schon über ein Jahr vor den eigentlichen Aufnahmen für Georges Triple-Album. Zunächst wurde das Teil unter dem Bandnamen Plastic Ono Band gelabelt, da John und Yoko an der Abmischung der Overdubs am 12. Mai 1969 teilnahmen. Während genau dieser Session hat George angeblich einen Synthie-Part auf seinem Moog live eingespielt. Das ist jedoch höchst unwahrscheinlich, denn diese Geräusche (Musik möchte ich das jetzt nicht nennen) stammen eindeutig erkennbar von seinem Experimental-Album ''Electronic Sound'', das ebenfalls im Mai 1969 veröffentlicht wurde. Das Stück ''No Time Or Space'' enthält ab ca. 10:20 Minuten exakt die gleichen Zisch- und Zwitscherlaute, die Harrison wohl kaum während einer Live-Einspielung auf den Punkt genau reproduzieren konnte. Und ganz unter uns: so einen wohnzimmerschrankgroßen Synthesizer nimmt man nicht mal eben so zu einer Session mit, das Ding muss ordentlich aufgebaut bzw. installiert werden. Aber gut, die Story liest sich nett, also stänkern wir nicht länger rum. Denn schon geht es weiter:
LP 4 und 5
enthalten insgesamt 15 Demoaufnahmen George Harrisons, die er zusammen mit Ringo Starr am Schlagzeug und Klaus Voormann am Bass am 26. Mai 1970 eingespielt hat. Hier hören wir nun endlich ursprüngliche Aufnahmetakes in Minimal-Besetzung, ohne viel Brimborium, ohne Overdubs und vor allem... ohne Spector. Lediglich ''What Is Life (Take 3)'' wurde mit weiteren Instrumenal- und Gesangs-Spuren erweitert, wobei Klaus Voormann bei dieser Gelegenheit seinen Bass beiseitelegte und stattdessen zur Gitarre griff.
Hier zeigt sich, was schon John Lennon immer favorisierte: Den Song schreiben, ab ins Studio, aufnehmen, fertig. So gut, wie manche dieser Takes klingen, fragt man sich schon, warum das Ganze mit Overdubs ohne Ende fast bis zur Unkenntlichkeit ausgewalzt werden musste. Man kann auch sagen, hier spielt nicht Lennons, sondern Harrisons Plastic Ono Band. Wobei Ringos Schlagzeugsound mich kolossal an die Get Back-Sessions der Beatles erinnert, die ja später von Herrn Spector zu Let It Be... Sie kennen die Geschichte. Kurz: Diese beiden Platten sind einfach klasse!
Weitere 15 Demos, nun vom 27. Mai 1970, finden wir auf
LP 6.
Hier hören wir George Harrison als Solisten, wie er Phil Spector Demos seiner neuen Songs vorspielt. Dabei begleitet er seinen Gesang meist nur auf der Akustischen (bei ''Wah-Wah'', ''Hear Me Lord'' und ''Nowhere To Go'' greift er zur E-Gitarre). ''Beware Of Darkness'' und ''Let It Down'' gab es übrigens schon auf der Neuauflage des Albums von 2001, der zweitgenannte Track war dort allerdings mit zusätzlichen Overdubs versehen.
Diese Aufnahmen kursieren seit Mitte der 1990er Jahre unter dem Titel ''Beware Of ABKCO!'' als Raubpressung auf dem Schwarzmarkt. Waren sie dort (bis auf ''Wah-Wah'') in einer strikten Stereo-Aufteilung von Gesang (links) und Gitarre (rechts) abgemischt, sind sie nun in Mono (Gesang) mit etwas auf Stereo getrimmter Gitarre zu hören. Auch hat man die Stücke neu editiert (also z.B. von unerwünschten Pausen befreit). Leider wurden dabei auch Ansagen und kurze Erläuterungen Georges zum größten Teil herausgeschnitten. Auch die ''elektrische'' Einleitung von ''Cosmic Empire'' fiel der Schere zum Opfer, erst beim zweiten Versuch griff Harrison bei diesem Track zur Akustischen.
Dadurch wurden diese 15 Aufnahmen um insgesamt rund sieben Minuten, also von 50 auf 43, gekürzt. Hat man das etwa gemacht, damit sie komplett auf dieser sechsten LP untergebracht werden konnten? Ich will es nicht hoffen. Denn komischerweise sind auf der als Behausung dienenden Tape-Box zwei (!) LPs mit Demos vom 27. Mai 1970 gelistet. War das ursprünglich so geplant?
Fast bin ich geneigt zu sagen, dass die Raubpressung... (nein! Das darf man nicht!).
Kommen wir nun zu den beiden letzten Platten, die auf der Tape-Box wiederum als nur eine (!) LP mit dem Titel ''Party Disc'' gelistet sind.
LP 7 und 8
schließen das Set (wie auch in der 5 LP-Box) mit weiteren 17 Session-Outtakes und Studio-Jams ab. Das ist für Fans wie uns natürlich die reinste Fundgrube. Zehn Tracks des Albums sind nun noch einmal in einer anderen Studio-Version enthalten und bieten damit einen schönen Einblick in die Entstehung dieser Titel. Und nun auch endlich in einem nicht so mit Echo und Nachhall zugematschten Klang. Danke! Schade allerdings, dass nicht alle Songs des Albums auf diese Art zu hören sind. Immerhin war im Vorfeld der Veröffentlichung zu erfahren, dass über 100 Stücke aus den Archiven für diese Neuveröffentlichung bearbeitet wurden.
''Isn't It A Pity (Take 14)'' macht den Anfang. Nicht mal eine Minute lang, aber dank Georges humoristischen Einlagen sehr witzig. ''Wah-Wah'', nun als Take 1 und ohne Overdubs, ist erstaunlich trocken abgemischt (in diesem Frühstadium des Songs hatte Spector also noch nicht zugeschlagen). Auch andere Tracks sind als Rohfassung enthalten, wobei das flotte ''What Is Life (Take 1)'' erneut durch Claptons emsige Gitarrenarbeit heraussticht. Ach ja, ''It's Johnny's Birthday (Take 1)'' kommt nun auch ohne diese albernen Tempoänderungen aus und setzt außerdem durch auf dem endgültigen Mix nicht mehr enthaltene Slide-Gitarren zusätzliche Akzente.
Darüber hinaus finden wir weitere, nicht auf dem Album enthaltene Stücke, darunter eine frühe Fassung von ''Down To the River (Rocking Chair River Jam)'', die in einer neuen Aufnahme erst 2002, also ein Jahr nach Harrisons Tod, posthum auf der LP ''Brainwashed'' erschien.
Schön auch, dass der Beatles-Song ''Get Back'' hier, anders als auf der John Lennon / Plastic Ono Band-Box, nicht nur als kurzes Fragment, sondern als richtiger (Jam-)Track zu hören ist. Leider auch nur rund zwei Minuten lang, da das Band erst während des Songs gestartet wurde. Trotzdem absolut interessant, denn damit haben sowohl John als auch George den gleichen Song von Paul während einer Studio-Session neu eingespielt. Obwohl McCartney ja allgemein für das Ende der Beatles verantwortlich gemacht wurde, war er bei seinen (ehemaligen) Mitstreitern also doch nicht so stark in Ungnade gefallen, dass sie seine Titel nicht mehr spielen wollten.
Den Schlusspunkt bildet ''Woman Don't You Cry For Me (Take 5)'', eine Aufnahme, die wie auch ''It's Johnny's Birthday'' vom 7. Oktober 1970 stammt. Doch zu diesem Zeitpunkt waren die eigentlichen Aufnahmen an ''All Things Must Pass'' (abgesehen von Overdubs) bereits seit drei Monaten abgeschlossen. Harrison nahm ''Woman...'' schließlich neu auf und veröffentlichte den Titel 1976 auf seiner LP ''33 1/3''.
So, damit wären die acht LPs geschafft. Ich auch, obwohl ich gerne noch mehr dieser ''Party Discs'' gehabt hätte. Was fehlt? ''What Is Life'' gab es auf dem 2001er Set als sehr schöne Instrumental-Fassung mit Trompete und Oboe, auch hatte George auf dieser Doppel-CD sein ''My Sweet Lord'' noch einmal neu interpretiert und wurde dabei gesanglich von Sam Brown unterstützt. Diese Tracks suchen wir auf der 2021er Ausgabe vergeblich. Des Weiteren wie schon gesagt die restlichen Albumtracks als Alternativfassungen. Plant hier etwa schon jemand etwas für das 60. Jubiläum...?
Nun zum Klang. Wie schon erwähnt, wurden die Album-Tracks neu abgemischt und klingen dadurch etwas klarer als bisher. Aber wie sieht es mit der Lautstärke aus? Lassen wir mal die Experten zu Wort kommen: ''Die Lautstärke der Songs muss dem heutigen Zeitgeist entsprechen.'' Aha. Auch Dhani Harrison wird in dieser Richtung zitiert. Gut, wer natürlich Songs von George Harrison und Motörhead in die gleiche Playlist packt, wird sich freuen, dass alles gleich laut ist. Aber mal ehrlich: machen Sie so etwas?
Mit steigender Lautstärke geht natürlich auch ein Verlust an Dynamik einher. Hatten die 1970er LPs (deutsche Pressung, Best.-Nr. 1C192-04707/8/9 Y) noch einen Dynamikumfang von ca. 8-12 dB, schrumpfte dieser bei der 2001er Auflage (''Printed in the EU'', 7243 5 30474 1 2) auf mickrige 6-8 dB zusammen. Die hier besprochene Ausgabe von 2021 schlägt in die gleiche Kerbe.
Die Überraschung dabei: der 1970er Vinyl-Oldie hatte sogar noch derart ''Luft zum Atmen'', dass die Dynamikspitzen (also z.B. bei Trommelschlägen oder ähnlichem) locker um 4 dB lauter sein konnten als bei den Nachfolge-LPs. Hier sind diese Spitzen nämlich rigoros abgeschnitten. Aber wenn das dem heutigen Zeitgeist entspricht...
Immerhin wurden die LPs vier bis acht weitaus ohrenfreundlicher gemastert. Hier gibt es Dynamikumfänge von bis zu 18 dB! Ein Traumwert, den ich mir bei den ersten drei Platten ebenfalls gewünscht hätte.
Schnell noch zur Pressqualität der LPs, die ja in letzter Zeit häufig ein Kritikpunkt ist. Auch bei diesem Set läuft nicht alles zu 100 Prozent glatt. Schon beim Auspacken fällt auf, dass einige der Platten leicht schüsselförmig, also nicht ganz plan sind. Vor allem bei LP 2, 7 und 8 macht sich das bemerkbar. Bei LP 6 ist das Mittelloch so klein, dass sich die Platte nach dem Auflegen kaum noch vom Plattenteller lösen lässt. Gut, alles kein Grund zum Drama, die Platten laufen einwandfrei durch. Störender sind da eher sichtbare Schlieren in der Auslaufrille von LP 2 sowie hier und da auftretende Knistergeräusche bei allen LPs, die jedoch bei einem erneuten Anhören der gleichen Stelle nicht mehr zu hören sind. Das spricht für unschöne Pressrückstände im Vinyl.
Trotz der angesprochenen Nickligkeiten bin ich absolut begeistert von dieser 8 LP-Box. Die neue Abmischung ist in Ordnung (auch wenn sie vielleicht nicht jedermanns Sache ist), die Aufmachung klasse, und die zusätzlichen Tracks absolute Spitze. Es hat sich gelohnt, so lange auf diese Neuauflage von George Harrisons ''All Things Must Pass'' zu warten. 5 Sterne!