Neuer Beethoven aus Köln - con moto ... ma non troppo
Wie bereits beim im Ganzen gelungenen Mitschnitt ihres erfreulichen Brahms-Zykluses, überzeugen J.Pekka Saraste und sein WDR-Orchester auch hier mit den neun Beethoven-Sinfonien.
Wenn im Einzelnen, mehr oder weniger, kaum 'unerhörte' (oder eher willkürliche Akzente) die Interpretation auszeichnen (die 9te ist vocal heute immer problematisch), trübt dies nicht den insgesamt positiven Gesamteindruck einer schlanken und modern-flüssigen, durchweg unpathetischen und moderat hist.orientierten Darbietung.
Der Kölner Mitschnitt muss sich auf hohem 'konventionellen' Niveau nicht hinter den neueren Aufnahmen aus Leipzig oder München verstecken, sondern kann sich dabei selbstbewusst einreihen, wenn auch klangtechnisch dort manchmal etwas konturierter als in Köln die akustische Kontur gezeichnet wurde. Allerdings stimmt die Proportion in den Bläser-Streicher-Abbildungen und die Abbildung der bei Beethoven so wichtig klingenden Pauken, die sonstwo oftmals eher wie stumpfes Holzklopfen klingen.
Das souveräne Spiel mit Beethovens Sinfonie-Materie von einem der besten Rundfunk-Orchester - und nicht erst seit Wand - überzeugt durchweg, unabhängig vom jeweiligen Werk.
Dies unterteilt sich bekannterweise in eine frühe, mittlere und späte Periode, besonders evident anhand des Streichquartett-Werks mit den opp.18, opp.59 und opp.95 ff., was in etwa den Sinfonien nos.1-2, 3-4-(5-6) und 7-8-9 und deren Zeitspannen entspricht.
Im heutigen Musikleben, live, hört (und sieht) man dies auch an Orchestergrösse bzw. besetzung, - bestenfalls an Spieldiktion und Musizierstil so unterscheidbar, denn die 'Eroica' sollte nicht wie die 2te Sinfonie klingen ...
Da sollte neben der musikalischen Diktion des Dirigenten eben eine adäquate Aufnahmetechnik ins Spiel kommen, die akustisch solche Proportionen für die Klangbühne beachtet und nicht jede Sinfonie gleichermassen als Wohl-Sound aufbereitet zu moderatem streamlining, halbwegs für alle Hörgewohnheiten konsumabel.
Diesbzgl., wie schon erwähnt, halte ich die musikalische und spieltechnische Qualität dieses Kölner Beethoven unter Saraste für erstrangig, die produzierte Klangbühne weniger, weil z.T. etwas pauschal.
Es gibt wenige neuere Gesamt-Aufnahmen, die ebenso in sich stimmig und nur z.T. mehr überzeugen können, wenn nicht Abbados 2000er Rom-Zyklus mit den Berliner Philharmonikern oder neulich Blomstedt mit dem Leipziger Gewandhaus, jedoch alle alten von u.a. Toscanini, Schuricht oder Leibowitz (allesamt mit lascher Beachtung der Dacapi), die akustisch akzeptabel aufbereitet und editiert auch noch im Handel sind ...
Von musikalisch bedeutenden Einzelaufnahmen gibt es eine noch grössere Auswahl mit Furtwängler, den Kleibers, Klemperer, Markevitch, Monteux, Scherchen, Walter, Wand, und Savall(Eroica!), hier ganz abgesehen von allen dezidiert streng hist. orientierten und ebenso gespielten Aufnahmen, die z.T. völlig neue Einsichten bzw Eindrücke offenbaren ...
Der neue Kölner Beethoven bietet nun eine unprätentiös klare und rhythmisch genaue Darbietung aller Neune, a-tempo und ma non troppo, die durchweg musikalisch überzeugt, zumal als moderne und erstaunlich preiswerte Alternative und Basis für weitere Beethoven-Erkundungen. Chapeau!