Mehr Klangtiefe
Über diese Suiten-Einspielung, die Karl Richter 1961 mit dem MBO für die Archiv realisiert hat, müsste man eigentlich nicht viel sagen, denn die Klassik-Welt kennt sie. Seinerzeit mit dem Grand Prix de Disque geadelt, ist mittlerweile natürlich allenthalben viel Wasser die Isar hinabgeflossen, und Puristen rümpfen bei Richter ja gern mal die Nase, wenn sie mit einem klassischen Orchesterklang konfrontiert werden, der heutzutage im Instrumentenkoffer der aktuellen Interpretenriege nicht mehr anzutreffen ist. Hier ist nun auch nicht die Stelle, dem schier unerschöpflichen ästhetischen Diskurs über Wohl und Wehe der Richter-Nomenklatura weiter anzuheizen. Vielmehr soll nur eine Frage beantwortet werden, die sich wahrscheinlich viele CD-Käufer stellen, die mit dieser italienischen CD-Pressung konfrontiert werden und die Einspielung bereits in einer anderen Edition besitzen: Soll ich die kaufen oder nicht? Nun, um es kurz zu machen: Wer ein schönes Booklet mit Text und Bildern sucht, dem sei abgeraten. Puristischer geht es kaum. Wer dagegen darauf hofft, dass diese beiden CDs klanglich besser sind als das übliche x.te Überspielungsprodukt auf CD, dem sei zugerufen: ja, dieser Kauf lohnt sich. Denn Urania schafft es tatsächtlich bei der Edierung via 24 Bits/96 KHz diesen Aufnahmen ein deutliches Mehr an Grip, Kontur, Tiefe, Räumlichkeit und Natürlichkeit zu geben. Das ließe sich an vielen Details festmachen und betrifft letztlich alle vier Ouvertüren, wobei man sagen muss, dass die h-Moll-Suite bei Richter von allen Vieren die vielleicht problematischste ist, da er sie seinerzeit sehr straff und etwas kantig angegangen ist. Das legt die Neu-Überspielung eher offen als dass es überdecken würde. Aber die D-Dur-Suite BWV 1069 ist ein Traum. Kein anderer Interpret hat es ja vermocht, diesem Werk und seinem Trompetenglanz eine innig-elegische, ja sehnsuchtsvolle Note zu geben. Richter schon. Das geht, das gestehe ich, wirklich unter die Haut und berührt, gerade auch, weil diese Kunst im Business der geschäftsmäßigen Fachensembles durchaus zu verloren gehen droht. Allein dafür ist ein Kauf eine gute Entscheidung.