Qualität, aber nichts Neues
Obwohl beinharter Fan, muss ich sagen, dass Ferrys Stimme in letzter Zeit etwas dünn wirkt, was ich nicht unbedingt (nur) seinem Alter zuschreibe, sondern der Tatsache, dass er sich nach seiner Scheidung ziemlich inflationiert und kommerzialisiert hat. Geld musste her und wurde auf Teufel komm raus gemacht, über 100-200 Konzerte jedes Jahr, das geht natürlich auch an die Stimme.
Früher undenkbar: Zig Werbeverträge von H & M bis zu Autos. Da blieb leider nicht nur das Singuläre und Außergewöhnliche auf der Strecke, auch sein zweifellos vorhandener und immer wieder zu Recht zitierter Stil hat dadurch m. E. sehr gelitten. Schade schade. Man sollte das Rad nicht überdrehen, wenngleich, das muss ich sagen, immer wieder Perlen unter den Stücken sind, die er auch jetzt noch präsentiert. Allein "Soldier of Fortune", "Lost" und "Send in the Clowns" haben für mich den Kauf von Avonmore schon lohnenswert gemacht und reihen sich in die lange Reihe seiner Klassiker ein. Mit brüchiger, oft gehauchter Stimme zelebriert Ferry wie kaum ein anderer Weltschmerz ohne Kitsch.
Die durchgängige Qualität alter Platten ist für mich aber nicht mehr vorhanden und zu oft kopiert Ferry sich mittlerweile selbst, vermutlich ausgelöst durch den Druck des Produzieren-Wollens (-Müssens?). "One Night Stand" von Avonmore ist schon eine fast peinlich genaue Kopie von "Gemini Moon" (Mamouna).
Dennoch: Fans seiner perfekten detailversessenen Produktionen und hoher Aufnahmequalität kommen (mal wieder) auf ihre Kosten. Genuss-Tipp: Man höre die CD mit hochwertigem hochauflösenden Kopfhörer vom Schlage eines AKG K-701/702 (und adäquater Kopfhörerverstärkung). Der von Raummoden und anderen Klangverfälschungen befreite Sound offenbart die ganze Qualität der Produktion und man wird immer wieder grinsend neue Details entdecken, die auch eine hochwertige Hifi-Anlage über Lautsprecher nicht offenbart.