Speziell
Haydns Op. 33 bietet als Werkgruppe und in den einzelnen sechs Quartetten so viel an musikalischem Inhalt, an Abwechslung, Vielfalt der Stimmungen, Dramatik, Humor und Einfallsreichtum, dass es wahrscheinlich ein Stück weit gleichgültig ist, von welchem Ensemble man sich diese Kostbarkeiten darreichen lässt. Sicher ist man gut beraten, wenigstens eine "solide" Aufnahme gehört zu haben, bevor man das Cuarteto Casals auflegt; etwa das Quatuor Mosaiques, das Angeles Quartet oder besser das Borodin-Quartett, das kernig, energetisch und individuell aufspielt und begeistern kann.
Das Casals-Quartett bietet darüber hinaus viel eigene Interpretation, was für manchen gewöhnungsbedürftig sein mag, manchmal übers Ziel hinausschießt (etwa die Portamenti im Scherzo von Op. 33/2), was mich aber immer wieder an die Stuhlkante bannt. Von überzogenen Vibrati, die andernorts kritisiert werden, fehlt übrigens jede Spur. Die Casals-Künstler spielen im Gegenteil ziemlich vibratoarm, setzen es als Stilmittel für meine Begriffe bewusst und passend ein. Die Tempi sind in den schnellen Sätzen halsbrecherisch, wirken aber angesichts der technischen Perfektion der Instrumentalisten dennoch nicht gehetzt. Die können das einfach. Am beeindruckendsten gelingen vielleicht sogar die Scherzi, denn hier betonen die Spieler die charakteristischen Kontraste ganz besonders stark. Bei alldem bleiben sie immer flexibel und gestaltend, nie ergibt sich ein steifer, mechanischer Eindruck, und das, obwohl tatsächlich alle Wiederholungen beachtet werden. Die Interpretation ist in Anbetracht ihrer Farbigkeit, Kontraste und Lebendigkeit extrem, aber sie macht unheimlich Spaß, jedenfalls mir.
Klanglich ist die Aufnahme opulent, sehr dynamisch, ziemlich voluminös. Vielleicht hätte man das technisch intimer gestalten können, jedoch kann man die einzelnen Instrumente sehr gut orten, und ihre individuellen Qualitäten - davon haben diese vier Spitzenmusiker einige - kommen voll zu ihrem Recht.
Wer hier klagt, der tut es auf sehr hohem Niveau. Meines Erachtens eine starke, individuelle Interpretation, die zu kennen sich lohnt.