Paul Ansell hat ein Imageproblem
Ein Mann, eine Gitarre, ein Hut, Anzug und Krawatte – dazu ein weißes Hemd. Sehr schick, sehr edel. Das Cover verspricht Establishment. Es erzählt von der Grand Ole Opry und von Klimaanlagen. Großen SUVs und Sittenwächtern. Dazu der Titel "Money and Lies" - Geld und Lügen. Darum geht es also.
Jedoch, das klingt sehr – alt – altbekannt – altmodisch. Der Titelsong bewegt sich zwischen altbackenem Countrygestus und mindestens ebenso alter Rock'n'Roll Tradition. Und so geht’s weiter: Paul Ansell macht einmal einen auf Elvis Presley in "Lost" und klingt dann wieder wie ein Cousin von Gene Vincet und Eddie Cochran in "Without Love". Dazu jammert die Pedal Steel Gitarre. Auch "Against the Wind", die wunderbare Ballade von Bob Seger, die an sechster Stelle steht, kann da nicht helfen. Alle Hoffnung platzt wie Bubblegum wenn es zu sehr aufgeblasen wird. Paul Ansell und seine Band "Number Nine" berauben den Song komplett seiner Atmosphäre, nehmen ihm seine Lagerfeuerromantik und verlegen ihn ins Festzelt eines Rummelplatzes in Memphis, Tennessee. Das ist Countryromantik wie man sie im 69. Stockwerk eines Westin Hotels kennt und genießt.
Versteh mich jetzt niemand falsch: Paul Ansell ist ein toller Sänger. Sehr vielseitig. Unbegingt. Die Musik ist – perfekt. Und es ist – heute – so gespielt und gesungen – nur noch recht selten produzierter Old Time Rock'n'Roll. Jedoch ohne eigene Note. Ansell hat alle Rock'n'Roll-Sänger drauf: Elvis, Gene, Eddie, Carl, Buddy … Nein Buddy nicht. Paul Ansell, die lebende Jukebox! Doch seine Songs vermögen auch zu gefallen. Besonders "Couldn't Let It Go" und "Red Light" welches ursprünglich ein Discofox von Billy Ocean gewesen ist.
Was mir nicht passt ist die Art, wie die Musik präsentiert wird und das sie zu konservativ dargeboten wird. Rock'n'Roll stand einst für Jugendrevolte. Für Aufstand und Rebellentum.
"Money and Lies" ist das genaue Gegenteil davon. Es geht um Geld und Lügen. Gitarre, Hut, Anzug, Hemd und Krawatte nur vom Feinsten. Die Musik eine einzige Lüge. Sie ist nicht echt. Denn "Money and Lies" ist für's Altersheim gedacht.
"Was hast Du gesagt mein Junge?"
Schon gut Mutti. Hier, ich hab' 'ne CD für Dich. Die wird Dir gefallen. Das ist was aus Deiner Jugendzeit. Richtig knorke der Typ. Der kann sogar richtig singen!
„Och Kind, Du bist so gut zu Deiner alten Mutter.“