Carl Stamitz: Bläsersymphonien
Bläsersymphonien
CD
CD (Compact Disc)
Herkömmliche CD, die mit allen CD-Playern und Computerlaufwerken, aber auch mit den meisten SACD- oder Multiplayern abspielbar ist.
- Parthien in Es & B; 3 Oktette in B, Es, B
- Künstler: Consortium Classicum
- Label: CPO, DDD, 1989
- Bestellnummer: 5218774
- Erscheinungstermin: 1.5.1998
Man kann immer nur wieder staunen, wie
leichtfertig Musikverantwortliche über
epochale Ereignisse hinweggehen wie
zum Beispiel im Falle von Johann Wenzel,
Anton und Carl Philipp Stamitz, den
Begründern und Festigern der sogenannten
"Mannheimer Schule". Tatsächlich wurden Vater und Sohn Stamitz
von ihren Zeitgenossen als geniale
Neuerer, Instrumentalisten und Komponisten,
verehrt, während heutzutage der
Name Stamitz eher etwas für Wettbewerbe
wie "Jugend musiziert" ist und in Dilettantenkreisen
zu Ehren kommt, was
für einen guten Instinkt unverbrauchter
Gemüter spricht. Die Verdienste der beiden
Künstler vorzustellen, kann nicht Ziel
einer Schallplattenveröffentlichung sein.
Zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen
haben den historischen Wert ihrer
Kompositionen bewiesen und die Persönlichkeiten
eingehend gewürdigt.
Das Ergebnis von Stamitz' Bemühungen
- nämlich das "Mannheimer Orchester"
durfte Christian F D. Schubaft mit enthusiastischen
Zeilen preisen, indem er
schrieb:
"Kein Orchester der Welt hat es je in der Ausführung dem Mannheimer zuvor getan... sein Forte ist ein Donner, sein crescendo ein Katarakt, sein Diminuendo ein in die Ferne hinplätschernder Krystallfluss, sein Piano ein Frühlingshauch". Schubarts Worte wurden oft zitiert, doch selten eine Konsequenz daraus gezogen, wie denn auch die Mannheimer Schule im heutigen Musikleben als passé gelten mag. Einige Versuche der D. G.-Archivproduktion vor Jahren, Mannheimer Komponisten dem Markt vorzustellen, haben sich im Sande verlaufen.
Männer wie Mozart und Havdn hätten sich ohne die wegweisenden Entwicklungen der Familie Stamitz und Philipp Emanuel Bach schwerer getan. Nach Leopold Mozart war das Mannheimer Orchester "das beste Deutschlands". Von J. Stamitz als Komponisten hieß es: "Sein Genie war sehr originell, kühn und kraftvoll. Erfindung, Feuer und Kontrast in den geschwinden Sätzen, zärtliche, reizende und schmeichelnde Melodie in den langsamen, verbunden mit Scharfsinn und Reichtum in der Begleitung charakterisieren seine Werke" Alle sind von starkem Ausdruck, welchen der Enthusiasmus des Genies hervorgebracht und die Kultur verfeinert hat, ohne ihn zu unterdrücken". (Burney)
Man kann sagen, dass die Familie Stamitz eine unverkennbare Handschrift kreierte. Sohn Carl des böhmischen Emigranten Johann wuchs musikalisch in der Hofkapelle seiner Vaterstadt Mannheim auf und erhielt den ersten Unterricht vom Vater und nach dessen Tod von Cannabich, Holzbauer und Richter. Bereits 1762 wurde er Mitglied des Mannheimer Orchesters, wo er bis 1770 die zweite Geige spielte. Eine gewisse Duplizität zu Leopold Mozart und Wolfgang Amadeus Mozart ist festzustellen, wenn man das Leben von Johann und Carl Stamitz betrachtet. Beiden gleich ist ein hochbegabter Vater, der einen genialeren Sohn erzog, welcher durch rastlose Getriebenheit auf zahlreichen Reisen als "europäischer Musiker" mit seiner Gesundheit Raubbau trieb. Carl war ein "feuriger" Geist! Bereits 1770 schied er aus kurfürstlich-pfälzischen Diensten und begab sich nach Paris zum Herzog Louis von Noailles, der ihn auch zum Hofkomponisten ernannte. Seine Kompositionen und sein Auftreten in den "Concerts Spirituells" blieben nicht ohne Einfluß auf die junge - nach neuen Wegen suchende - Komponistengeneration Frankreichs. 1773 finden wir ihn dann in Frankfurt und 1774 in Augsburg und Straßburg wieder. In den Jahren 1777 und 1778 hatte er große Erfolge in London (Kaiser). Doch auch hier konnte ihm das Musikleben nichts Neues geben und er wandte sich 1782 in die Niederlande. wo er in Den Haag und Amsterdam konzertierte. 1785 nach Deutschland zurückgekehrt, trat er vornehmlich in Norddeutschland, nämlich in Hamburg, Lübeck, Braunschweig, Magdeburg und Leipzig auf , um dann 17BO nach Berlin zu gehen, wo er als Geigensolist von sich Reden machte. Dieser Besuch Berlins war von einschneidender Wirkung auf das Leben des begabten Stamitz. Einem nicht mehr existierendem Vertrag zufolge, wurde ihm vom preußischen König versichert, dass "jede Komposition", die er an den Hof sandte, vom König bezahlt wurde. Trotz dieser ehrenvollen Auszeichnung hielt es Stamitz nicht in der preußischen Hauptstadt. Er wandte sich 1787 dem Fürstentum Hohenlohe zu, wo er als Kapellmeister gewirkt haben soll, was sich jedoch nicht belegen lässt. Aber auch in diesem Jahr packte ihn wieder die Reiselust und sie führte ihn nach Dresden, Prag, Halle und Nürnberg, später nach Mecklenburg-Schwein und zurück über Eutin nach Ottingen-Wallerstein in eine Hofkapelle, dem Mannheimer Orchester fast ebenbürtig. lm Winter 17$gl90 leitete er dann die Liebhaber Konzerte in Kassel und lebte anschließend im Vogtland. Krank, ausgebrannt und des Reisens müde, bewarb er sich ohne Erfolg als Kapellmeister am Schweriner Hof (Kaiser). Wie sehr man Stamitz hier schätzte, zeigt das heute noch mit seinen Kompositionen bestückte Archiv, wo ich viele Studien für diese CD machen durfte. Am 12. November 1792 traf er dann in Weimar höchstwahrscheinlich mit Goethe zusammen, als er ein großes Konzert im Hoftheater gab. Anschließend führte ihn sein Weg noch einmal nach Mannheim, ließ sich aber dann, als er in seiner Heimatstadt keinen Erfolg mehr hatte, Anfang 1795 in Jena nieder. Von diesem Zeitpunkt an verlieren sich seine Vorhaben im Dunkeln. Von großen Kompositionsplänen ist uns überliefert und von Versuchen der Goldmacherei. Weitere Reisen sind nicht bekannt. Tatsache ist, dass Carl Stamitz die verschiedensten Stilmerkmale von Zeitgenossen und Regionen in sich aufnahm und sie derart glücklich assimilierte, dass man ihm einen ausgeprägten Personalstil zubilligen darf . Leider sind bis in unsere Zeit eher seine durchschnittlichen Kompositionen bekannt geworden. Dazu gehören zweifellos auch einige überstrapazierte Bläserkonzerte, die als sogenannte "Handgelenksübungen" die Nachwelt belasten. Von seinen wahren und kühnen Schöpfungen, wo er ganz im Geiste des Vaters neue Wege beschreitet und in vielen Teilen Mozart und Haydn ebenbürtig ist, wurde so gut wie nichts populär.
Hierzu zählen auch seine zahlreichen Bläserparthien, die bislang als verschollen galten und welche ich auf meinen Reisen durch die USA, in die CSSR, UdSSR, aber auch in Skandinavien, Süddeutschland und Österreich wiederentdecken durfte. Es war ein mühsames Unterfangen, diesen Werken nachzugehen. Eben weil Reiselust Stamitz durch halb Europa führte und kompositorische Spuren sich oft in kleinsten Archiven verlieren. Obwohl zur Klasse der "Divertimentomusik" gehörend, finden wir doch in den Bläserparthien viel von dem, was uns bei Haydn und Mozart so begeistert. Es ist aber völlig falsch, seine Werke an den Kompositionen dieser Meister zu messen. Zweifellos findet hier bei Carl ("Mann von böhmischem Blute"), ein kompositorisches Bekenntnis statt, das einen Blick in seine Künstlerseele gestattet. Gelehrtes Denken und Musikantentum geben sich die Hand. Man könnte von einer glücklichen Synthese von Philipp Emanuel Bach, Mozart und Haydn sprechen. Aber auf eine ganz eigene und originelle Art komponiert.
Seine Es-Dur Parthia ist ein Teil eines Kompositionszyklus, den Stamitz dem König von Preußen widmete, und für den er wohl auch - wie vertraglich zugesichert - ein stattliches Honorar erhielt.
Wir haben uns aus den zahlreichen Parthien für die Nr. 1 entschieden, die mit ihrem wunderbaren langsamen c-Moll- Satz in mozartsche Welten vordringt, wobei diese Aussage wieder einmal irrig ist, denn hier handelt es sich um original Stamitzsches Gedankengut. Doch wer mäße sich nicht gerne an Mozart? Die Ecksätze sind symphonischer Natur, so wie sie etwa zeitlich parallel Haydn komponierte.
lm Oktett B-Dur Nr. 1 ist man ebenfalls an den Meister der Esterhazy-Zeit erinnert mit einem wehmütigen Dreivierteltakt, um kurz darauf an Mozar| zu denken, wenn Stamitz im langsamen Satz das Thema der Es-Dur-Sinfonie anklingen lässt.
Höfische Musik war auch Jagdmusik. Pikant zu sehen, wie Stamitz in seinem Bläsersextett die Konventionen unterläuft, indem er nicht den Jagdsatz an den Schluss, sondern an den Anfang des Divertimentos stellt. Ein Satz, mit großen Klangwirkungen ausgestattet, um den Hörer auf eine ernst zu nehmende Komposition vorzubereiten. Aus der Ferne erklingende Hornsignale, langsam näherkommend in drei Etappen, dokumentieren dieses. lm langsamen Satz schneidet Stamitz allerdings andere Töne an mit wunderbaren kantablen Stellen und überraschenden harmonischen Wendungen. Ein haydnsches Menuett setzt sich vor ein spritziges Rondo alla Christian Bach. Sein Oktett in Es-Dur Nr. 2 beginnt mit einem expansiven Oktavsprung der Klarinette, begleitet von aufregenden Sechzehnteln in der zweiten Stimme. Der gänzlich sinfonisch angelegte erste Satz lässt das Divertimento vergessen und führt in die Welt böhmischer Sinfoniker etwa zu Krommer oder Kozeluch.
Doch kommen wir zum Hauptwerk unserer CD, dem großen B'Dur Oktett Nr. 2. Uns war bei der Einspielung sonderbar zumute, konnten wir doch das Werk stilistisch in sein Gesamtschaffen nicht einordnen. Hier offenbart sich ein Musiker, der weit in die Romantik greift. Bitte beachten Sie, liebe Musikhörer, vor allen Dingen die Durchführung des ersten Satzes, wo er Themenkomplexe, die später für Mendelssohn so typisch sind, vorwegnimmt. Der langsame Satz, ein Notturno, geboren aus bester böhmischer Tradition, fesselt durch sentimentale thematische Eingebungen und interessante harmonische Rückungen. Hat er nun Haydns Londoner Sinfonien gekannt? Man könnte es fast vermuten. Oder ist es umgekehrt? Hat Haydn Stamitz studiert? Auf jeden Fall erinnert sein letzter Satz an einschlägige Werke aus Haydns Londoner "Reprise" , seiner 2. Englandreise 1794, wobei Stamitz noch ein übriges hinzutut, indem er der ersten Klarinette eine Virtuosität abverlangt, wie sie erst in der Romantik viele Jahre später üblich war. Bliebe zu konstatieren, dass die Verniedlichung seines Schaffens mit dem Markenzeichen "Mannheimer Schule" und die Abstempelung als "Kleinmeister" dazu geführt haben, dass sein Oeuvre von Interpreten - ich rede nicht von der Musikwissenschaft - nie ernsthaft untersucht wurde. Mir sind zahlreiche Werke bekannt, in denen Stamitz weit über das hinausgeht, was man landläufig von einem Mannheimer Musiker erwartet.
Zum Schluss sei mir noch die Bemerkung erlaubt, dass wir mit unserer Veröffentlichung keine repräsentative Auswahl seiner Bläserkammermusik vorstellen. Vielmehr haben wir aus dem reichhaltigen Erbe, die uns derzeit am besten zugänglichen Werke ausgewählt, wobei klar ist, dass weitere hochinteressante Funde zu erwarten sind. Vielleicht ist diese CD dazu angetan, dass Musiker und Publikum in Zukunft aufmerksamer seine Schöpfungen betrachten.
"Kein Orchester der Welt hat es je in der Ausführung dem Mannheimer zuvor getan... sein Forte ist ein Donner, sein crescendo ein Katarakt, sein Diminuendo ein in die Ferne hinplätschernder Krystallfluss, sein Piano ein Frühlingshauch". Schubarts Worte wurden oft zitiert, doch selten eine Konsequenz daraus gezogen, wie denn auch die Mannheimer Schule im heutigen Musikleben als passé gelten mag. Einige Versuche der D. G.-Archivproduktion vor Jahren, Mannheimer Komponisten dem Markt vorzustellen, haben sich im Sande verlaufen.
Männer wie Mozart und Havdn hätten sich ohne die wegweisenden Entwicklungen der Familie Stamitz und Philipp Emanuel Bach schwerer getan. Nach Leopold Mozart war das Mannheimer Orchester "das beste Deutschlands". Von J. Stamitz als Komponisten hieß es: "Sein Genie war sehr originell, kühn und kraftvoll. Erfindung, Feuer und Kontrast in den geschwinden Sätzen, zärtliche, reizende und schmeichelnde Melodie in den langsamen, verbunden mit Scharfsinn und Reichtum in der Begleitung charakterisieren seine Werke" Alle sind von starkem Ausdruck, welchen der Enthusiasmus des Genies hervorgebracht und die Kultur verfeinert hat, ohne ihn zu unterdrücken". (Burney)
Man kann sagen, dass die Familie Stamitz eine unverkennbare Handschrift kreierte. Sohn Carl des böhmischen Emigranten Johann wuchs musikalisch in der Hofkapelle seiner Vaterstadt Mannheim auf und erhielt den ersten Unterricht vom Vater und nach dessen Tod von Cannabich, Holzbauer und Richter. Bereits 1762 wurde er Mitglied des Mannheimer Orchesters, wo er bis 1770 die zweite Geige spielte. Eine gewisse Duplizität zu Leopold Mozart und Wolfgang Amadeus Mozart ist festzustellen, wenn man das Leben von Johann und Carl Stamitz betrachtet. Beiden gleich ist ein hochbegabter Vater, der einen genialeren Sohn erzog, welcher durch rastlose Getriebenheit auf zahlreichen Reisen als "europäischer Musiker" mit seiner Gesundheit Raubbau trieb. Carl war ein "feuriger" Geist! Bereits 1770 schied er aus kurfürstlich-pfälzischen Diensten und begab sich nach Paris zum Herzog Louis von Noailles, der ihn auch zum Hofkomponisten ernannte. Seine Kompositionen und sein Auftreten in den "Concerts Spirituells" blieben nicht ohne Einfluß auf die junge - nach neuen Wegen suchende - Komponistengeneration Frankreichs. 1773 finden wir ihn dann in Frankfurt und 1774 in Augsburg und Straßburg wieder. In den Jahren 1777 und 1778 hatte er große Erfolge in London (Kaiser). Doch auch hier konnte ihm das Musikleben nichts Neues geben und er wandte sich 1782 in die Niederlande. wo er in Den Haag und Amsterdam konzertierte. 1785 nach Deutschland zurückgekehrt, trat er vornehmlich in Norddeutschland, nämlich in Hamburg, Lübeck, Braunschweig, Magdeburg und Leipzig auf , um dann 17BO nach Berlin zu gehen, wo er als Geigensolist von sich Reden machte. Dieser Besuch Berlins war von einschneidender Wirkung auf das Leben des begabten Stamitz. Einem nicht mehr existierendem Vertrag zufolge, wurde ihm vom preußischen König versichert, dass "jede Komposition", die er an den Hof sandte, vom König bezahlt wurde. Trotz dieser ehrenvollen Auszeichnung hielt es Stamitz nicht in der preußischen Hauptstadt. Er wandte sich 1787 dem Fürstentum Hohenlohe zu, wo er als Kapellmeister gewirkt haben soll, was sich jedoch nicht belegen lässt. Aber auch in diesem Jahr packte ihn wieder die Reiselust und sie führte ihn nach Dresden, Prag, Halle und Nürnberg, später nach Mecklenburg-Schwein und zurück über Eutin nach Ottingen-Wallerstein in eine Hofkapelle, dem Mannheimer Orchester fast ebenbürtig. lm Winter 17$gl90 leitete er dann die Liebhaber Konzerte in Kassel und lebte anschließend im Vogtland. Krank, ausgebrannt und des Reisens müde, bewarb er sich ohne Erfolg als Kapellmeister am Schweriner Hof (Kaiser). Wie sehr man Stamitz hier schätzte, zeigt das heute noch mit seinen Kompositionen bestückte Archiv, wo ich viele Studien für diese CD machen durfte. Am 12. November 1792 traf er dann in Weimar höchstwahrscheinlich mit Goethe zusammen, als er ein großes Konzert im Hoftheater gab. Anschließend führte ihn sein Weg noch einmal nach Mannheim, ließ sich aber dann, als er in seiner Heimatstadt keinen Erfolg mehr hatte, Anfang 1795 in Jena nieder. Von diesem Zeitpunkt an verlieren sich seine Vorhaben im Dunkeln. Von großen Kompositionsplänen ist uns überliefert und von Versuchen der Goldmacherei. Weitere Reisen sind nicht bekannt. Tatsache ist, dass Carl Stamitz die verschiedensten Stilmerkmale von Zeitgenossen und Regionen in sich aufnahm und sie derart glücklich assimilierte, dass man ihm einen ausgeprägten Personalstil zubilligen darf . Leider sind bis in unsere Zeit eher seine durchschnittlichen Kompositionen bekannt geworden. Dazu gehören zweifellos auch einige überstrapazierte Bläserkonzerte, die als sogenannte "Handgelenksübungen" die Nachwelt belasten. Von seinen wahren und kühnen Schöpfungen, wo er ganz im Geiste des Vaters neue Wege beschreitet und in vielen Teilen Mozart und Haydn ebenbürtig ist, wurde so gut wie nichts populär.
Hierzu zählen auch seine zahlreichen Bläserparthien, die bislang als verschollen galten und welche ich auf meinen Reisen durch die USA, in die CSSR, UdSSR, aber auch in Skandinavien, Süddeutschland und Österreich wiederentdecken durfte. Es war ein mühsames Unterfangen, diesen Werken nachzugehen. Eben weil Reiselust Stamitz durch halb Europa führte und kompositorische Spuren sich oft in kleinsten Archiven verlieren. Obwohl zur Klasse der "Divertimentomusik" gehörend, finden wir doch in den Bläserparthien viel von dem, was uns bei Haydn und Mozart so begeistert. Es ist aber völlig falsch, seine Werke an den Kompositionen dieser Meister zu messen. Zweifellos findet hier bei Carl ("Mann von böhmischem Blute"), ein kompositorisches Bekenntnis statt, das einen Blick in seine Künstlerseele gestattet. Gelehrtes Denken und Musikantentum geben sich die Hand. Man könnte von einer glücklichen Synthese von Philipp Emanuel Bach, Mozart und Haydn sprechen. Aber auf eine ganz eigene und originelle Art komponiert.
Seine Es-Dur Parthia ist ein Teil eines Kompositionszyklus, den Stamitz dem König von Preußen widmete, und für den er wohl auch - wie vertraglich zugesichert - ein stattliches Honorar erhielt.
Wir haben uns aus den zahlreichen Parthien für die Nr. 1 entschieden, die mit ihrem wunderbaren langsamen c-Moll- Satz in mozartsche Welten vordringt, wobei diese Aussage wieder einmal irrig ist, denn hier handelt es sich um original Stamitzsches Gedankengut. Doch wer mäße sich nicht gerne an Mozart? Die Ecksätze sind symphonischer Natur, so wie sie etwa zeitlich parallel Haydn komponierte.
lm Oktett B-Dur Nr. 1 ist man ebenfalls an den Meister der Esterhazy-Zeit erinnert mit einem wehmütigen Dreivierteltakt, um kurz darauf an Mozar| zu denken, wenn Stamitz im langsamen Satz das Thema der Es-Dur-Sinfonie anklingen lässt.
Höfische Musik war auch Jagdmusik. Pikant zu sehen, wie Stamitz in seinem Bläsersextett die Konventionen unterläuft, indem er nicht den Jagdsatz an den Schluss, sondern an den Anfang des Divertimentos stellt. Ein Satz, mit großen Klangwirkungen ausgestattet, um den Hörer auf eine ernst zu nehmende Komposition vorzubereiten. Aus der Ferne erklingende Hornsignale, langsam näherkommend in drei Etappen, dokumentieren dieses. lm langsamen Satz schneidet Stamitz allerdings andere Töne an mit wunderbaren kantablen Stellen und überraschenden harmonischen Wendungen. Ein haydnsches Menuett setzt sich vor ein spritziges Rondo alla Christian Bach. Sein Oktett in Es-Dur Nr. 2 beginnt mit einem expansiven Oktavsprung der Klarinette, begleitet von aufregenden Sechzehnteln in der zweiten Stimme. Der gänzlich sinfonisch angelegte erste Satz lässt das Divertimento vergessen und führt in die Welt böhmischer Sinfoniker etwa zu Krommer oder Kozeluch.
Doch kommen wir zum Hauptwerk unserer CD, dem großen B'Dur Oktett Nr. 2. Uns war bei der Einspielung sonderbar zumute, konnten wir doch das Werk stilistisch in sein Gesamtschaffen nicht einordnen. Hier offenbart sich ein Musiker, der weit in die Romantik greift. Bitte beachten Sie, liebe Musikhörer, vor allen Dingen die Durchführung des ersten Satzes, wo er Themenkomplexe, die später für Mendelssohn so typisch sind, vorwegnimmt. Der langsame Satz, ein Notturno, geboren aus bester böhmischer Tradition, fesselt durch sentimentale thematische Eingebungen und interessante harmonische Rückungen. Hat er nun Haydns Londoner Sinfonien gekannt? Man könnte es fast vermuten. Oder ist es umgekehrt? Hat Haydn Stamitz studiert? Auf jeden Fall erinnert sein letzter Satz an einschlägige Werke aus Haydns Londoner "Reprise" , seiner 2. Englandreise 1794, wobei Stamitz noch ein übriges hinzutut, indem er der ersten Klarinette eine Virtuosität abverlangt, wie sie erst in der Romantik viele Jahre später üblich war. Bliebe zu konstatieren, dass die Verniedlichung seines Schaffens mit dem Markenzeichen "Mannheimer Schule" und die Abstempelung als "Kleinmeister" dazu geführt haben, dass sein Oeuvre von Interpreten - ich rede nicht von der Musikwissenschaft - nie ernsthaft untersucht wurde. Mir sind zahlreiche Werke bekannt, in denen Stamitz weit über das hinausgeht, was man landläufig von einem Mannheimer Musiker erwartet.
Zum Schluss sei mir noch die Bemerkung erlaubt, dass wir mit unserer Veröffentlichung keine repräsentative Auswahl seiner Bläserkammermusik vorstellen. Vielmehr haben wir aus dem reichhaltigen Erbe, die uns derzeit am besten zugänglichen Werke ausgewählt, wobei klar ist, dass weitere hochinteressante Funde zu erwarten sind. Vielleicht ist diese CD dazu angetan, dass Musiker und Publikum in Zukunft aufmerksamer seine Schöpfungen betrachten.
Rezensionen
H. Arnold in stereoplay 7/90:"Die vorliegen- den fünf Bläseroktette wurden von Klöcker wiederentdeckt und zeigen Stamitz als wahren Meister der ausdrucksvollen Instrumentie- rungskunst. Dabei weist die Tonsprache teil- weise weit über seine Zeit hinaus zur Roman- tik. Das Consortium Classicum brilliert, wie gewohnt, mit perfekter Instrumentenbeherr- schung, dunkelsattem Bläserklang und musi- kalischer Gestaltungskraft. Höchste Bewer- tungen für Interpretation, Klangqualität und Repertoirewert."- Tracklisting
- Details
- Mitwirkende
Disk 1 von 1 (CD)
Partita für Bläser Nr. 1 H-Dur
- 1 1. Allegro assai
- 2 2. Andante moderato
- 3 3. Allegro assai
Oktett für Bläser Nr. 1 H-Dur
- 4 1. Allegro
- 5 2. Andantino
- 6 3. Menuetto
- 7 4. Rondeau: Allegro
Partita für Bläser Es-Dur
- 8 1. Allegro
- 9 2. Allegro assai
- 10 3. Largo
- 11 4. Menuetto
- 12 5. Allegro assai
Oktett für Bläser Nr. 2 Es-Dur
- 13 1. Allegro ma non tanto
- 14 2. Allegretto
- 15 3. Menuetto
- 16 4. Rondeau: Allegretto
Oktett für Bläser Nr. 2 H-Dur
- 17 1. Allegro con spirito
- 18 2. Andantino
- 19 3. Rondo: Presto