Gerhard E. Winkler: Heptameron (interaktive Oper) auf CD

Labyrinthe und Schwellen
Tagebuchnotiz: Idee, einige Erzählungen aus Navarras „Heptameron” gleichsam als ‘Pandämium menschlicher Beziehungen’ nur von 2 / 3 Sängern aufzuführen, wobei die Erzählungen ineinander geflochten werden und immer wieder alte Beziehungsmuster aufbrechen, zum Ritual werden, oft nur mehr einseitig funktionieren…

Heptameron ist ein „Theater der Relationen“: Alles, was auf der Bühne stattfindet, ist direkter Ausdruck der Relationen zwischen den „Charakteren“ auf der Bühne. Diese Relationen greifen über das Bühnengeschehen hinaus auch auf die Live-Elektronik über sowie auf die Echtzeit-Generierung der Partituren der Musiker(innen), die vornehmlich vom Computerbildschirm spielen. Als Herzstück der ganzen Konzeption dienen Computersimulationen dieser Relationen, in die die Darsteller mit Sensoren direkt eingreifen können, allerdings dann auch mit den Folgen ihres Tuns leben müssen. Dieses interaktive Mitgestalten der Darsteller umfasst einerseits „Entscheidungsoptionen“, die für die weitere Entwicklung der Relationen von Bedeutung sind, andererseits „Steueroptionen“, mit denen die Darsteller die Live-Elektronik (direkte Transformation von live gespielten / gesungene Klängen bzw. voraufgenommenen Samples) beeinflussen können. Die Sänger(innen) verfügen je Geschichte über ein Basis-Material, das sie auswendig lernen müssen und das sie während der Aufführung über Anzeigen von Monitoren, die am Bühnenrand stehen und vom Computer gesteuert werden, flexibel modifizieren müssen – als Folge ihrer Steuerungen. ... Mit einem Minimum an „Bühne“ findet sich Heptameron in einer Linie mit der Bühnenkonzeption der Histoire du Soldat von Strawinsky, mit der Offenheit der Abläufe in Kagels Repertoire sowie der fragmentarischen Vielströmigkeit von Botho Strauß’ Paare / Passanten.