Nachgeholte Anerkennung
Einige klare Worte zuvor : ich empfehle diese CD ausschließlich wegen ihres Repertoires; jede einigermaßen notentreue Aufführung kann hier recht sein, denn es ist ja die erste überhaupt (beim Trio in g-moll). Folgt die Rezension: Zwei Werke, denen Enescu selbst die Anerkennung einer Opusnummer verweigerte, werden hier aus dem Meer des Vergangenen an den sicheren Strand gezogen. Das Trio in g-moll vor 1900 entstanden, das in a-moll nach 1914.Ein großer Unterschied. Wer hier aber die üblichen Referenzen für Enescus Frühwerk (Brahms, Fauré, Franck) nennt, greift zu kurz. Denn der geistige Horizont des Musikers war weiter, und bei größeren Werkformaten ergibt sich fast etwas wie Polystilistik. "Ein gußeisernes Gedächtnis ist eine Strafe !", sagte Arno Schmidt einmal, und Enescu hatte es-- für Partituren. So kommt das g-moll-Trio zwar aus der Welt von Faurés erstem Klavierquartett und äußert sich dementsprechend in dem Gegensatz heroisch-lyrisch, dieser aber wird hier auf die Sätze als ganze übertragen und formt das Werk. Nichtsdestoweniger gibt es sogar einen "Beethoven-Moment" im Mittelteil des langsamen Satzes, wo das Klavier einsetzt wie die Streicher bei dem "beklemmt" überschriebenen Teil der Cavatina aus OP.130 von Beethoven, einige typisch brahmsische Figuren usw. Meinem Ohr ähnelt das Ganze allerdings weit mehr als diesen genannten Meistern dem abstrusen Quartett Op. 41 von Saint-Saens oder seinem Septett OP.65 mit Trompete. Das zweite Trio in a-moll ist reife Eigenleistung mit faszinierend singenden Themen und ihren Abwandlungen, eine Welt, in der alles im Fluß ist und die Interpunktion sich auf wenige Abschnitte beschränkt und die großen Züge mit sparsamen Linien zusammenfaßt. - Sorgfältige, bedächtige Einspielung (das Presto des g-moll-Trios ist hier bestenfalls ein Allegro non troppo vivace), die Instrumente dicht an den Mikros gespielt, klar definierter Klang mit beachtlichen Farben, aber eben alles etwas denkmalpflegerisch aufgeführt. Booklettext recht solide, häßliches Verpackungsdesign - die nachgezeichnete "unendliche Säule" Brancusis schwebt in einer öden Landschaft, der Komponist wird auf dem Umschlag nur mit seinem Nachnamen geführt, wie "Kennedy" oder "The artist formerly known as..."- aber das sind Marginalien.