Toller christlicher (Liebes-)Roman mit ernster historischer Thematik
(Rezension by Furbaby_Mom)
Das im Januar 2021 beim Brunnen Verlag erschienene Werk von Susan Anne Mason ist ein wunderbar atmosphärischer, historischer Roman mit christlichem Fokus, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts vor englischer und kanadischer Kulisse spielt und Werte wie (familiäre) Loyalität, Aufrichtigkeit, Güte, Nächstenliebe und Vergebung zelebriert. Im Laufe der Handlung werden zudem (soziale) Ungerechtigkeit angeprangert und die Hintergründe der realen Zwangsverschiffung von englischen Kindern nach Kanada, die Mitte des 19. Jahrhunderts begann, näher beleuchtet. Zuvor hatte ich zwar von ähnlichen Fällen gehört - dass während der viktorianischen Ära beispielsweise Kinder nach Australien verschifft worden waren -, aber die Begriffe British Home Children und Dr.-Barnardo-Heime waren mir neu.
Julia Holloway hat mit ihrem adeligen Onkel gebrochen und ist gegen seinen Willen nach Kanada gereist, um einen befreundeten Patienten zu pflegen. In Toronto ist ihr das Glück allerdings nicht hold; die junge Frau muss zum ersten Mal in ihrem Leben harte Arbeit verrichten, lebt von der Hand in den Mund und kann kaum die Avancen ihres schmierigen Vermieters abwehren. Für eine saubere, sichere Unterkunft fehlt ihr das Geld und nach den verletzenden Worten ihres Onkels hat sie nicht vor, sich jemals wieder bei ihm zu melden; zu groß ist ihr Stolz. Im Moment größter Bedrängnis wird sie ausgerechnet von Quinn gerettet – einem bekannten Gesicht aus ihrer Heimat.
Quinn Aspinall, ergebener Kammerdiener ihres Onkels, ist eigentlich auf der Suche nach seinen drei Geschwistern, die während seines Kriegseinsatzes von der verarmten, kränklichen Mutter in einem Waisenhaus untergebracht worden waren - und in der Zwischenzeit ohne Wissen der Familie nach Kanada verschifft worden sind. - Offiziell, um ein besseres Leben zu haben; tatsächlich werden sie jedoch als billige Arbeitskräfte gnadenlos ausgebeutet und z.T. sogar körperlich misshandelt.
Was Julia nicht ahnt: Ihr Wiedersehen mit Quinn ist kein Zufall, ihr Onkel hatte ihn mit der Suche nach ihr beauftragt und ihm eine satte Belohnung für ihre Rückkehr versprochen. Bald steckt Quinn in einem moralischen Dilemma, denn Julia und er entwickeln Gefühle füreinander. Wie wird die junge Frau reagieren, wenn sie die Wahrheit erfährt? Hat ihre Liebe, die in England aufgrund der Standesunterschiede undenkbar wäre, am anderen Ende der Welt eventuell eine reale Chance? Und als wäre dies nicht dramatisch genug, wird Julia mit einer tragischen Situation konfrontiert, die ihr Leben für immer verändern soll – während Quinn auf der Suche nach seinen Geschwistern eine ernüchternde Erfahrung nach der anderen machen muss…
Ich habe diesen fesselnd geschriebenen Roman geradezu verschlungen und immer wieder über die enorm treffende Wortwahl der Autorin gestaunt, die so sehr dem damaligen Sprachgebrauch entspricht, ohne altertümlich zu wirken. Susan Anne Mason hat zahlreiche liebenswerte Hauptfiguren und Nebencharaktere erschaffen, die allesamt sehr in ihrem Glauben verwurzelt sind. Manchmal machen sie sich das Leben etwas schwerer als nötig, aber letztlich halten sie stets an ihren Überzeugungen fest und schaffen es mit der Kraft ihres Vertrauens auf Gott, aus schwierigen Lebenslagen gestärkt hervorzugehen. Meine Lieblingsfigur war die warmherzige und selbstlose Mrs. Chamberlain, über deren Nebenplot ich mich ganz besonders gefreut habe.
Der Erzählstil der Autorin ist gleichermaßen harmonisch wie emotional, trotz einiger kurzer Gebetspassagen nicht religiös überladen und ermöglicht uns einen Einblick in sowohl Julias als auch Quinns Perspektive.
Erst im Nachhinein habe ich zufällig erfahren, dass es sich um den 3. Band einer Buchreihe (Canadian Crossings) handelt und bin nun gespannt auf die Vorgängerromane, von denen einer bereits ohnehin auf meiner Wunschliste stand.
Als kleines Minus empfand ich die Tatsache, dass die Auseinandersetzung mit dem Thema der Kindesverschiffung gerne noch etwas intensiver hätte erfolgen können; zudem erschien mir das Verhalten gewisser Antagonisten (bzw. deren plötzlicher Sinneswandel gegen Ende der Geschichte) zu unrealistisch.
Fazit: Insgesamt habe ich mich sehr gut unterhalten gefühlt und empfehle das Werk gerne weiter an Fans von historischen Liebesromanen mit christlichem Background.