Enttäuschend: zeitlich konfuse, episodenhafte Erzählung ohne Roten Faden und wenig glaubhaft
Buchinhalt:
Kurz nach ihrem 13. Geburtstag verschwindet Willas kleine Schwester Laika spurlos. Lange Zeit sucht die Familie unter anderem über die Medien nach ihrer Tochter. Willa geht ins Internat, die Jahre vergehen. Eines Tages begegnet Willa auf einer Party einer Frau, in der sie die verloren geglaubte Laika meint, zu erkennen...
Persönlicher Eindruck:
Was für eine Enttäuschung. Im Grunde hatte ich mir etwas vollkommen anderes erhofft, als das, was der Roman letztendlich bot. Die Idee von der verschwundenen Schwester und das (vermeintliche?) Wiedererkennen wären durchaus spannend und gut für einen Plot, der den Leser mitreißen könnte – leider schafft es Frau Collins auf 400 Seiten nicht, mich an das Gelesene zu fesseln.
Der Erzählstil ist episodenhaft, zeitlich verworren und ohne erkennbaren Roten Faden. Eine Fülle an Figuren erzählen aus unterschiedlichen Perspektiven eine bruchstückhafte Handlung, die der Leser selbst in eine halbwegs sinnvolle Reihenfolge bringen muss – oder beim Versuch entnervt verzweifelt. Die Geschichte hat in meinen Augen keinerlei Zusammenhang, auch wenn es Passagen gibt, die von Laikas Verschwinden, dem cholerischen Vater und der Kindheit der beiden Schwestern erzählen. Dazwischen gibt es zahlreiche Kapitel übertitelt „Abendessen mit Freunden“, die allerdings bis zuletzt im Unklaren darüber lassen, ob es sich dabei immer um den gleichen Abend handelt oder ob der Text sich auf verschiedene Tage bezieht.
Im Mittelpunkt der Geschichte stehen Willa, die ältere der beiden Schwestern sowie deren Internatsfreundin Robyn, die im Erwachsenenleben dann mit einer Frau namens Cat verheiratet ist. Robyn ist für Willa so eine Art Schwester-Ersatz, im Laufe der Rückblenden gibt es sehr viel Körperkontakt sowohl zwischen den beiden Schwestern sowie zwischen den beiden Freundinnen, was mir ehrlich gesagt in der dargebotenen Fülle recht befremdlich erschien. Ein Personenregister der Figuren insgesamt und ihrer Zusammengehörigkeit gibt es leider nicht.
Die Figuren selbst waren bis zuletzt blass und austauschbar, einen wirklichen Draht zu einer von ihnen konnte ich beim Lesen nicht aufbauen. Zudem gab es mehrere unrealistische und somit unglaubwürdige Passagen, wie beispielsweise der übereilte Aufbruch Willas nach Thailand, wo sie einer Zeugenaussage zufolge ihre Schwester zu finden hoffte. Ob Willa irgend etwas arbeitet, erschloss sich mir nicht – wenn ja, wie kann sie kurzfristig eine Woche nach Thailand verschwinden, wenn nein, wie finanziert sie dann die Reise...? Alles sehr merkwürdig.
Wie sich der Fall des Verschwindens von Laika am Ende klärt, fand ich jedenfalls nicht sonderlich realistisch sondern sehr konstruiert. Es hat halt einfach so sein sollen, ein Reißer war es für mich nicht. Ich bin jedenfalls der Meinung, dass ein Familienangehöriger sich auch nach 20 Jahren nicht so sehr verändert haben kann, dass ihn die nächsten Angehörigen nicht mehr erkennen. Aber das ist meine Meinung, soll jeder selbst entscheiden, wie realistisch das Ganze rüber kommt.
Insgesamt empfand ich den Roman als eine zusammenhanglose Aneinanderreihung zeitlich unsystematischer, meist belangloser Gespräche, viel Gejammer um den Verlust und wenig sinnvoller Suche. „So ist das nie passiert“ - nein, so kann das auch in der Realität nie passiert sein, tut mir leid.
Eine Geschichte die nicht weiter im Gedächtnis bleibt – vertane Lebens- und Lesezeit. Keine Empfehlung.