Mikael Niemi: Populärmusik aus Vittula
Populärmusik aus Vittula
Buch
- Roman
- Originaltitel: Populärmusik fran Vittula / Titel der englischen Ausgabe: Popular Music.
- Übersetzung: Christel Hildebrandt
- btb Taschenbuch, 04/2004
- Einband: Kartoniert / Broschiert
- Sprache: Deutsch
- ISBN-13: 9783442731725
- Bestellnummer: 4526728
- Umfang: 304 Seiten
- Copyright-Jahr: 2004
- Gewicht: 280 g
- Maße: 188 x 118 mm
- Stärke: 25 mm
- Erscheinungstermin: 1.4.2004
- Serie: btb - Band 73172
Kurzbeschreibung
Matti und sein schweigsamer Freund Niila wachsen auf in einem kleinen Dorf im äußersten Norden Schwedens, fernab der wirklichen Welt. Es sind die wilden 60er Jahre, doch das Leben im Tornedal wird weniger durch Rebellion als durch die unwirtliche Landschaft, den kauzigen Eigensinn seiner Bewohner und die religiöse Bewegung des Laestadianismus geprägt, die durch extreme Strenge und Lustfeindlichkeit besticht. Doch als der Rock 'n' Roll Einzug hält im kleinen Tal, ist ihre Zeit gekommen ...Rezension
"Herzerfrischend erzählt Niemi von Abenteuern und Streichen der Kindheit und dem Einbruch des Rock n Roll in ihre Welt. Ein amüsantes, kurzweiliges, ein hinreißendes Buch!" FocusKlappentext
Ein kleines Dorf im äußersten Norden Schwedens, in den wilden sechziger Jahren: Matti und sein schweigsamer Freund Niila träumen von der großen weiten Welt. Als der Rock 'n' Roll Einzug hält im kleinen Tal, ist ihre Zeit gekommen...Auszüge aus dem Buch
"Der Erzähler wacht auf, beginnt den Berg zu besteigen und macht sich auf dem Thorong La-Pass lächerlich, woraufhin die Erzählung ihren Lauf nehmen kann.Die Nacht in dem engen Bretterverschlag war saukalt. Als mein Reisewecker anfing zu piepsen, setzte ich mich mit einem Ruck auf, knüpfte das kleine Gesichtsfenster im Schlafsack auf und schob einen Arm in die kohlrabenschwarze Finsternis hinaus. Meine Finger tasteten in dem kalten Luftzug, der durch die Bretterritzen drang, zwischen Splittern und Sandkörnern immer weiter über die ungehobelten Bodenbretter, bis sie das kalte Plastik des Weckers und den Knopf zum Ausstellen fanden.
Eine Weile blieb ich still liegen, halb betäubt, mich an einem Baumstamm festklammernd, einen Arm ins Meer getaucht. Stille. Kälte. Kurze Atemzüge in der dünnen Luft. Im Körper spürte ich einen physischen Schmerz, als hätte ich die ganze Nacht mit angespannten Muskeln dagelegen.
Genau in diesem Moment sah ich ein, dass ich tot war. Das Erlebnis ist schwer zu beschreiben. Es war, als würde der Körper entleert. Ich wurde zu Stein, zu einem
unendlich großen, nasskalten Meteoriten. Und eingebettet tief in diesem Hohlraum lag etwas Fremdes, etwas Längliches, Weiches, Organisches. Eine Männerleiche. Sie gehörte nicht zu mir. Ich war aus Stein, ich umschloss nur diese erkaltete Gestalt wie ein riesiger, fest geschlossener Granitsarkophag.
Es dauerte zwei, höchstens drei Sekunden.
Dann knipste ich meine Taschenlampe an. Das Ziffernblatt des Weckers zeigte Null und Null. Einen unheimlichen Moment lang befürchtete ich, dass die Zeit still stehe, dass sie nicht länger gemessen werden könnte. Dann aber wurde mir klar, dass es mir gelungen war, die Uhr auf Null zu stellen, als ich nach dem Aus-Knopf suchte. Meine Armbanduhr zeigte zwanzig Minuten nach vier in der Früh. Um das Atemloch des Schlafsacks hatte sich eine dünne Schicht Raureif gebildet. Es herrschten Minusgrade, obwohl ich mich drinnen befand. Ich wappnete mich gegen die Kälte und schlängelte mich vollkommen angezogen aus dem Schlafsack, und schob dann meine Füße in die eiskalten Wanderstiefel. Mit leichtem Unbehagen verstaute ich mein leeres Schreibheft im Rucksack. Auch heute nichts. Kein Entwurf, nicht die kleinste Notiz.
Den Metallhaken der Tür geöffnet und hinaus in die Nacht. Der Sternenhimmel breitete seine Unendlichkeit aus. Eine Mondsichel schaukelte wie ein Ruderboot am Horizont, die Riesen des Himalaya ließen sich in alle Richtungen als spitze Silhouetten erahnen. Das Sternenlicht war so stark, dass es förmlich den Boden begoss, scharfe weiße Strahlen durch ein riesenhaftes Sieb rinnen ließ. Ich warf mir den Rucksack über, und schon diese kleine Anstrengung brachte mich zum Keuchen.
Der Sauerstoffmangel ließ kleine Sternchen vor meinen Augen tanzen. Der Höhenhusten presste sich durch meine Kehle, trockenes Bellen, 4400 Meter über dem Meeresspiegel. Vor mir konnte ich den Pfad erkennen, der steil die steinige Bergwand hinauflief, bis er in der Dunkelheit verschwand. Langsam, ganz langsam begann ich zu klettern.
Der Thorong La-Pass, im Annapurnamassiv in Nepal. Höhe: 5415 Meter. Ich habe es geschafft. Endlich bin ich oben! Die Erleichterung ist so groß, dass ich mich auf den Rücken fallen lasse und nur noch keuche. Die Beine brennen vor Muskelkater, der Kopf pocht und schmerzt im ersten Stadium der Höhenkrankheit. Das Tageslicht ist beunruhigend gescheckt. Ein plötzlicher Windstoß kündigt schlechteres Wetter an. Die Kälte beißt in die Wangen, und ich sehe, wie eine Hand voll Bergsteiger eilig ihre Rucksäcke schultert und den Abstieg nach Muktinath beginnt.
Ich bleibe allein zurück. Kann es nicht über mich bringen, einfach so zu gehen, noch nicht. Immer noch außer Atem setze ich mich auf. Stütze mich an der Gipfelmarkierung mit ihren flatternden tibetanischen Gebetswimpeln ab. Der Pass besteht nur aus Felsen, ein steriler Kiesgrat ohne jede Vegetation. ..."
Biografie (Mikael Niemi)
Mikael Niemi, Jahrgang 1959, ist erfolgreicher Autor zweier Gedichtsammlungen und einer Reihe von Kinder- und Jugendbüchern sowie des Romans "Populärmusik aus Vittula", der mit dem Augustpreis ausgezeichnet wurde.Biografie (Christel Hildebrandt)
Christel Hildebrandt, geboren 1952 in Lauenburg, studierte Germanistik, Soziologie und Literaturwissenschaft und wandte sich nach der Promotion der skandinavischen Literatur zu. Seit 1988 arbeitet sie als freie literarische Übersetzerin aus den Sprachen Norwegisch, Dänisch und Schwedisch. Sie erhielt den Paul-Celan-Preis nominiert wurde. Daneben reicht die Palette ihrer Übersetzungen von Henrik Ibsen bis zu Håkan Nesser, Jógvan Isaksen und Hanne Marie Svendsen. Mit ihrem Mann, drei Töchtern und einer Katze lebt Christel Hildebrandt in Hamburg.Anmerkungen:
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Mikael Niemi
Populärmusik aus Vittula
EUR 12,00*