Absolut überzeugender Auftakt in einer Trilogie rund um ein Berliner Warenhaus zur Zeit des Ersten Weltkriegs. Hier stimmt einfach alles!
Buchinhalt:
Berlin, 1913: Das Lichtenstein ist eines der führenden Mode- und Warenhäuser der Stadt. Die junge Hedi tritt dort ihre erste Anstellung als Ladenmädchen an und ist fasziniert von dieser Welt, den Modekollektionen und der Opulenz an Waren. In der Schneiderin Thea findet sie eine Freundin und steigt aufgrund ihres Talents bei Farben und Stoffen schon bald ins Atelier auf. Dann jedoch zerstört ein Brand die Träume der Lichtensteins – und während aus den Trümmern alsbald die Zukunft entsteht, steht Deutschland vor einem Scheideweg: dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges…
Persönlicher Eindruck:
Kurzum: ich bin begeistert von diesem authentischen und bildgewaltigen Auftakt in eine Trilogie rund um die Vergangenheit Berlins in Sachen Mode. Mitreißend und absolut begeisternd nimmt die Autorin den Leser mit in eine Epoche, in der Tradition und Moderne, Glück und Träume, aber auch Realität und Kriegsdrama so eng beieinander liegen. Anhand des „Lichtenstein“, eines Warenhauses, werden mehrere Erzählstränge gekonnt miteinander verwoben, wechselnd begleitet man in den jeweiligen Kapiteln unterschiedliche Personen in deren persönlichem Alltag.
Jacob Lichtenstein und sein Bruder Ludwig, die das Warenhaus leiten, könnten unterschiedlicher nicht sein. Während Jacob sich der Moderne nicht verschließt und das Geschäft in eine wirtschaftlich solide Zukunft führen will, versucht Ludwig alles, im Steine in den Weg zu legen. Es geht ihm dabei gar nicht so sehr um das Haus – vielmehr kann er nicht ertragen, dass er sich mit Jacob die Leitung teilen muß.
Hedi, das Ladenmädchen und heimliche Hauptfigur, hat Talent und steigt schon bald in der Hierarchie von der einfachen Hilfskraft auf ins Atelier, in dem sie Näherin Thea und auch den Konfektionär Hannes kennen lernt. Sie war mir gleich zu Beginn sympathisch und ihre Entwicklung im Lauf des Romans ist erstaunlich aber nie unglaubwürdig.
Der Wert, der auf die Entwicklung der Figuren im Lauf der Geschichte gelegt wird, ist beachtlich, auch bei Nebenfiguren. Die Liebe der Autorin zu ihrem Werk ist deutlich sichtbar, auch zu Details und vermeintlichen Kleinigkeiten. Man erfährt als Leser sehr viel über die Epoche, in der Berlin in Modekreisen führend war, über das Entstehen von Kollektionen und über die Arbeit in einem so großen Warenhaus. Das alles war zu keiner Zeit trocken sondern spritzig und lebendig, so, als wäre man selbst ein Teil davon.
Genau das hat mir an dem Roman so gut gefallen: alle handelnden Personen bilden eine Art Familienverband; die Angestellten stehen auch in schweren Zeiten für ihren Betrieb ein und die Chefs fordern nicht mehr, als sie selbst auch zu geben bereit sind. Das Schicksal der einzelnen Personen ist gekonnt miteinander verknüpft und sorgt während der Lektüre für ein spürbares Gemeinschaftsgefühl beim Leser.
In der zweiten Hälfte ist der Erste Weltkrieg das Hauptthema. Leid, Ängste und Kriegsversehrtheit werden zu keiner Zeit ausgeklammert. Das Bild, das die Autorin zeichnet, ist realistisch und authentisch, die Art der Erzählung bildhaft und plastisch. Hier berührte mich besonders das Schicksal von Hannes, der nach seiner Kriegsverwundung zunächst am Leben verzweifelt.
Das Buch verfügt über ein Namensregister der Dramatis Personae und ein Glossar mit den wichtigsten Begriffen aus der Branche sowie ein Register real existierender Personen, die im Roman genannt werden.
Mein Fazit: Eine absolute Leseempfehlung, die man ganz sicher nie bereut! Eine wirklich durchweg runde, stimmige Sache von Anfang bis Ende, die Lust auf mehr macht!