Pionierin in der Polioforschung – Medizingeschichte spannend erzählt!
„(…) du kannst überall Schlechtes finden, wenn du hinschaust, und hinschauen musst du, wenn du es bekämpfen willst. Aber du musst auch auf das Gute schauen, um dich daran zu erinnern, wofür du kämpfst.“
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INHALT:
Nashville, Tennessee, 1940: Dorothy Horstmann ist Assistenzärztin im Vanderbilt-Hospital. Dass sie eine Frau sein könnte, damit hatte der Chefarzt nicht gerechnet, sonst hätte er sie vermutlich nicht eingestellt.
Statt Kindern Klavierstunden zu geben, möchte Dorothy Horstmann Menschen heilen – genauer gesagt von der Kinderlähmung. Zu viele Kinder sind bereits unter Qualen in der „Eisernen Lunge“ gelegen, da sie nicht mehr selbständig atmen konnten, und zahlreiche Kinder sind an ihrer Erkrankung verstorben.
„Sie war es leid, dieser Krankheit mit Quarantäne als einziger Waffe gegenübertreten zu müssen. Da könnte sie genauso gut als Pestärztin mit einem Schnabel voll getrockneter Kräuter und Rosenblätter ihre Runden drehen.“
Daher arbeitet Dorothy auf der Poliostation und verschreibt sich schließlich der Forschung. Denn noch immer gibt es weder einen Impfstoff, noch ist bekannt, wie die Polioviren vom Darm in das Nervensystem gelangen. Letzteres möchte Dorothy Horstmann unbedingt in Erfahrung bringen, um die Infektionen endlich stoppen zu können.
Sie lernt mehrere Ärzte und Forscher kennen, die ihre Arbeit infrage stellen und sich schließlich ein Rennen um Impfstoff und Zeit liefern …
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MEINUNG:
Tatsächlich hatte ich vorher noch nichts von Dorothy Horstmann und ihrem Beitrag in der Polioforschung gehört. Doch ich mag biografische Romane, wie diesen, die einem eine starke Frauenfigur näherbringt.
Es muss unglaublich schwer für die ersten Frauen in der Medizin und Forschung gewesen sein, in der dominierenden Männerwelt überhaupt ernstgenommen zu werden und etwas zu erreichen.
Auch Dorothy muss dabei ihr Privatleben opfern. Ihre Leidenschaft für die Polioforschung und das Leben zahlreicher Kinder, hat für sie Priorität. Das hat mich beeindruckt.
Der Fokus des Buches liegt auf der Medizingeschichte & Forschung, was mir ausgesprochen gut gefallen hat.
Teilweise sind mir Bücher im medizinischen Bereich zu blutig und zu detailreich beschrieben, sodass ich sie selten lese, obwohl ich die Thematik wirklich spannend finde. Hier hatte ich Glück. Es geht recht unblutig zu und bei Obduktionen & Co. geht das Buch nicht zu sehr in die Tiefe.
Ich fand es interessant, welche Ideen es damals gab, um die Polio-Ansteckung zu verhindern (z. B. Nasenstöpsel, Zinkpuder & Pikrinsäure, da man annahm, dass die Ansteckung über die Nase erfolgte. Dadurch sollen manche Kinder ihren Geruchssinn verloren haben!). Versuchte Behandlungsmaßnahmen werden ebenfalls aufgezeigt (z. B. eigenen Urin spritzen; heiße Wollumschläge („Kenny-Methode“)), aber auch welche medizinischen Fortschritte es insgesamt gab (z. B. Penicillin), wie Hygienemaßnahmen noch belächelt wurden und wie die gefährlich die Laborforschung sein konnte …
Zeitgleich tobt in Europa der Zweite Weltkrieg und mit dem Angriff auf Pearl Harbor erklärt die USA auch dem Kaiserreich Japan den Krieg. Auch diese Geschehnisse spielen im Buch eine Rolle und wirken sich auf Forschung und Erkrankungen aus.
Erschreckend fand ich erneut, wie stark der Konkurrenzkampf untereinander war, einen Impfstoff vor anderen zu entwickeln und vor allem, wie unvorsichtig die Impfstoffe teilweise getestet wurden. Traurig, dass sie dazu häufig „geistig zurückgebliebene“ Kinder sowie Heimkinder benutzten. Auch an Affen wurde viel ausprobiert …
Von der Handlung her war ich zum Großteil recht gefesselt und konnte das Buch nicht mehr aus der Hand legen.
Später gab es dann einige Längen, was sicherlich mit durch größere Zeitsprünge sowie durch den Wechsel von Handlungsorten und Perspektiven kam. Auch die Liebesgeschichte hätte ich nicht gebraucht und nahm mir eine Zeit lang zu viel Platz ein.
Für die rassistischen Bezeichnungen von indigenen Menschen aus dem nördlichen Polargebiet und aus Amerika, hätte ich mir außerdem zumindest eine Anmerkung zum historischen Kontext gewünscht.
So auch bei ableistischen Begriffen.
Sonst hat mir das Buch insgesamt aber wirklich gut gefallen!
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FAZIT: Wer Medizingeschichte und Forschung sowie historisch interessiert ist, starke Frauenfiguren & biografische Romane mag, dem möchte ich dieses Buch gerne ans Herz legen! 4-4,5/5 Sterne!
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(C.N.: v. a. Tierversuche, Impfversuche an Kindern & Ableismus)