Elisabeth heiratete Ernst
Demnächst in Tokio, Roman von Katharina Seewald, 414 Seiten, erschienen im Europa Verlag.
Gefühlvoll beschriebene Dreiecksbeziehung mit historischem Hintergrund der Verstrickungen von Japan und Deutschland in der Zeit des Nationalsozialismus.
Die 18jährige Elisabeth wird von ihrem Vater für eine gute Stellung und das Wohnrecht in einer Villa „verkauft“. Der 20 Jahre ältere Ernst Wilhelm von Traunstein muss aus der „Schusslinie“ kommen, weil er in den Röhm-Putsch verwickelt ist. In einer Hau-Ruck Aktion werden die beiden verheiratet, Ernst Wilhelm verschwindet nach Japan in den diplomatischen Dienst. Elisabeth folgt ihm einige Zeit später. Zunächst ist die naive junge Frau von den vielen neuen Eindrücken eingeschüchtert, Ihr Gatte erspart ihr die „ehelichen Pflichten“ und zeigt sich ansonsten als sehr fürsorglich und großzügig. Befreit von den Fesseln und Grobheiten ihres Vaters, erscheint das Leben in Tokio für Elisabeth wie im Paradies. Zunächst kann sie mit ihrer neugewonnenen Freiheit kaum umgehen. Schon bald beteiligt sie sich jedoch an den Tändeleien der Botschaftsdamen, merkt aber bald, dass ihr diese Oberflächlichkeit nicht genügt und langweilt sich. Da tritt Alexander Arendt ein Freund von Ernst in ihr Leben, anfangs ist sie auf den Journalisten eifersüchtig, der Ernst viel zu oft zu einem Herrenabend „entführt“. Elisabeths Gefühle zu Alexander ändern sich jedoch und schon bald führen die drei eine Ehe zu dritt, in die Elisabeth sich wie ein Mosaikstein einfügt. Der 2. Weltkrieg und die Nazifizierung der Botschaft beginnt. Alexander wird als Spion verhaftet und auch Elisabeth und Ernst Wilhelm müssen fliehen.
Die vorliegende Geschichte hat mir sehr gut gefallen. Kathrin Seewald schaffte es in einer gefühlvollen bildhaften Sprache z.B.: „er schwieg, dass die Spannung die Luft zu zerreißen drohte wie ein Blitzschlag“, das Setting und die Menschen so gut zu beschreiben, dass man das Gefühl hat mitten drin im Geschehen zu sein. Die Spannung beginnt langsam und kann sich zum Ende der Geschichte noch steigern. Bei vorliegendem Roman handelt es sich um eine Ich-Erzählung aus der Sicht Elisabeths welche ihre Lebensgeschichte für ihre Tochter aufschreibt. Die Figur Elisabeth mochte ich von Anfang an sehr gerne, es machte mir Freude zu beobachten wie die Protagonistin eine große Entwicklung vom eingeschüchterten naiven Mädchen zur souveränen selbstbewussten Botschaftergattin durchlebt. Die Autorin hat auch nicht an emotionalen Szenen gespart, bei denen mir Tränen der Rührung oder des Schmerzes in die Augen stiegen, ich habe mit gefiebert mit gelitten und mit gezittert. Ich mag Literatur mit historischem Hintergrund sehr gerne, Seewald hat es trefflich verstanden den Leser über die Lage in Japan und China während des 3. Reiches zu informieren. Die Schilderung des „Deutschen Weihnachtsfestes“ wurde interessant beschrieben, ein Weihnachten mit Figuren aus dem Morgenland die einem Kind von dubioser Rasse huldigten, war unmöglich in einer Zeit da der „Führer“ dem Volk Licht und Erlösung brachte, noch nie vorher habe ich in dieser Weise darüber nachgedacht, was Weihnachten in jener Zeit für manche Menschen bedeuten konnte.
Während der Lektüre des Buches habe ich ständig über die Beziehung zwischen Elisabeth und ihrem Mann gegrübelt, was ganz am Ende durch einen Brief Ernst Wilhelms aufgeklärt wird.
Ich bin rundum begeistert von diesem Roman, deshalb gibt es von mir eine uneingeschränkte Leseempfehlung für alle Leser die sich für Beziehungsgeschichten mit historischem Hintergrund interessieren oder Bücher mögen deren Geschichte in Japan spielt. Außerdem gibt es von mir verdiente 5 Sterne.