Emotionaler Familienroman
In dem Roman „Marigolds Töchter“ geht es eigentlich eher um die 66-jährige Marigold selbst. Sie ist der Mittelpunkt der Familie Fane, von ihrem Ehemann Dennis liebevoll Goldie genannt. Marigold liebt es, ihre Familie zu versorgen, so hat sie das Gefühl, gebraucht zu werden und nützlich zu sein. Vor kurzem erst ist ihre motzende Mutter Nan zu ihnen gezogen. Die jüngste Tochter Suze hat es gar nicht eilig mit dem Auszug, sie genießt sämtliche Annehmlichkeiten im Hotel Mama und versucht sich als Influencerin. Als sich auch noch Tochter Daisy ankündigt, die nach einer gescheiterten Beziehung aus Italien heimkehrt in das kleine, englische Küstendorf, wird es eng in dem kleinen Haus.
Dreh- und Angelpunkt ist der kleine Dorfladen inklusive Poststelle, der von Marigold geführt wird Hier trifft man sich, hier wird der neueste Dorfklatsch ausgetauscht und Marigold hat ein offenes Ohr für jeden. Doch sie wird zunehmend vergesslicher, Nebel breitet sich in ihrem Kopf aus. Dies bleibt irgendwann auch den Dorfbewohnern nicht mehr länger verborgen.
Dieser Roman hat mich wirklich zutiefst beführt. Dabei kommt er eigentlich eher ruhg und unaufgeregt daher. Doch die Sprache ist so wunderbar berührend, empathisch und einfühlsam, mit einem kleinen nostalgischen Touch.
Ich mochte die Geschichte um Marigold sehr. Mehrmals kam mir der Gedanke, wie glücklich sich Marigold schätzen kann, von so einer liebevollen Familie umsorgt zu werden. Für alle Beteiligten ist es nicht leicht, mit der Demenz umzugehen und dem Verfall eines geliebten Menschen hilflos ausgeliefert zu sein. Marigold möchte niemanden zur Last fallen und tut sich sichtlich schwer damit, Dinge, die für sie immer selbstverständlich waren, abzugeben. Und auch den Familienmitgliedern fällt es nicht leicht, verständnisvoll damit umzugehen, dabei ihr eigenes Leben weiterzuleben. Trost findet Marigold in ihrem Garten, bei ihren Vögeln, die während der kalten Jahreszeit von ihr versorgt werden. Besonders gefallen hat mir das Lebensmotto ihres Vaters: Was ist falsch am Jetzt? Nämlich nichts. Zunehmend lassen sich Marigold und ihre Familie darauf ein, den Augenblick zu geniessen, sei es eine gute Tasse Tee, der Wechsel der Jahrenszeiten, den Blick auf das Mehr oder auf die Felder hinter dem Haus. Denn was nützt es, sich an die Vergangenheit zu klammern oder sich über die Zukunft zu sorgen, von der man noch gar nichts weiß?
Zudem werden auch die Entwicklungen der beiden Töchter Suze und Daisy beleuchtet. Beide finden ihren Weg, doch Daisy wird vor eine schwierige Entscheidung gestellt.
Auch die manchmal etwas schrulligen Dorfbewohner unterstützen Marigold, war sie selbst doch bisher immer eine Stütze für die Dorfgemeinschaft.
In diesem Roman geht es vor alle um Liebe, denn trägt man genug davon in sich, schafft man alles gemeinsam. Und auch zeigt das Buch auf, wie wichtig es ist, im Jetzt zu leben, jeden schönen Augenblick intensiv zu geniessen.
Die Autorin hat mich mit ihren liebevoll gezeichneten Figuren und die einfühlsame Beschreibung der Entwicklung einer Demzenz tief berührt und emotional gepackt.
Und hat man das Buch gelesen, erschließt sich auch das Cover, dem ich zunächst skeptisch gegenüberstand.