Mord, Entführung und Mittelalter wie hängen sie zusammen
"Das Volk im Mittelalter hat immer, wenn es irgendwo große Geistesmacht sah, dergleichen einem Teufelsbündnis zugeschrieben ..." (Heinrich Heine)
Vor den Steilhängen des Weinbergs Cannstatter Zuckerle an einem Weinberghäusle wird eine unbekannte Leiche gefunden. Kommissar Jens Hurlebaus und Bianca Walter von der Kripo Stuttgart ermitteln in diesem Fall. Kurze Zeit später die 13-jährige Schülerin Kiara als vermisst gemeldet. Keiner weiß, ob sie es mit einer Entführung von Kinderschändern zu tun haben oder ob sie einfach weggelaufen ist. Doch als sie später erfahren, dass der Tote ein Lehrer der Naturis Schule in Feuerbach ist und Kiara ihn kannte, werden die Kommissare hellhörig. Hat Kiaras Entführung etwas mit dem Tod von Stephen Siegel zu tun? In viele Richtungen wird ermittelt, doch vom Täter fehlt jede Spur. Erst ein Hinweis auf eine Gruppe von Mittelalter-Freaks, die an Wiedergeburt glauben und mystische Lagerfeuerbeschwörungen abhalten, bringt weitere Erkenntnisse. Auf der Suche nach Kiara und dem Täter tauchen Hurlebaus und Walter in eine sonderbare Welt voller eigenartiger Mythen und Rituale ein.
Meine Meinung:
Mein erster Kriminalfall von Jochen Bender führt mich vor die Tore meiner Heimat Cannstatt. Mit viel psychologischer Raffinesse wird dieser Kriminalfall begleitet von Fans aus dem Mittelalter, die wirklich eigenwillige Rituale abhalten. Doch haben sie wirklich etwas mit dem Tod des Lehrers und dem Verschwinden der 13-jährigen Kiara zu tun? Der Schreibstil ist sehr anspruchsvoll, da der Autor immer wieder abwechselt mit seinen verschiedenen Handlungssträngen. Dabei merkt man natürlich Benders Hintergrund als Psychologe bei der Kripo und seine Erfahrung als Autor. Dadurch hat diese Geschichte immer wieder eine andere Richtung bekommen, was mir überaus gut gefallen hat. Allerdings ist dadurch der Spannungsbogen relativ flach gehalten worden und erst gegen Ende wurde es so richtig interessant. Doch realistisch gesehen, glaube ich nicht, dass jeder Mord immer so spannend ist, wie oft in den Krimis beschrieben wird. Von daher scheinen mir Benders Krimis doch sehr wahrheitsgemäß zu sein. Viel Spaß haben mit auf jeden Fall die Ermittlungen und das Mitraten gefallen. Ebenso die Ermittler Hurlebaus und Walter, die beide ihre Ecken und Kanten haben und hier mit ihren Vorlieben, was besonders Hurlebaus anbelangt, aufwarten. Wobei Walter hier schon ein bisschen wenig Raum einnahm und meiner Ansicht nach fast ein wenig zu kurz kam. Gut gefallen hat mir außerdem der schwäbische Dialekt, den er hier hat einfließen lassen und der meiner Ansicht nach gerne hätte etwas mehr sein können. Seine vielen Wirrungen und Wendungen, die er mit eingebaut hat und natürlich das Lokalkolorit rund um Stuttgart. Ich finde, das gehört einfach zu einem Regionalkrimi dazu, das man den Dialekt in den Plot integriert. Das Cannstatter Zuckerle kannte ich bisher nur als leckeren Wein, dass die Hanglage des Weinbergs allerdings ebenso heißt wusste ich bisher noch nicht. Viel erfuhr ich dabei nicht nur über Wein, Weinberge, sondern ebenso über Mittelalter und ihre eigenartigen Mythen und Rituale. Schön, dass er zum besseren Verständnis diese Handlungsstränge hier in kursiver Schriftform dargestellt hat. Gefreut hat mich, dass er sogar das Waiblinger Staufer Spektakel erwähnt hat, ein Mittelaltermarkt, der immer zum Altstadtfest dort stattfindet. Durch die vielen historischen Städte Waiblingen, Esslingen und die Altstadt Stuttgarts passt die Historie in dieser Geschichte sehr gut. Klar ist mir allerdings nicht, ob ich diesen Titel wirklich gewählt hätte für den Krimi, den dazu kam zu wenig Cannstatter Zuckerle darin vor. Mit dem überraschenden Ende hatte ich so gar nicht gerechnet und auch hier merkt man wieder seine psychologische Erfahrung. Dennoch ein Krimi empfehlenswert für alle, die gerne etwas anspruchsvollere Regionalkrimis lieben und dem ich 4 von 5 Sterne gebe.