Nesbø neu und anders – kurz aber sehr gut!
Zum Inhalt:
Olav hat nicht wirklich viele Talente, dafür so einige Schwächen. Meint er zumindest. Daher hat er das, was er am Besten kann, zu seinem Beruf gemacht und ist Auftragskiller für Daniel Hoffmann geworden, den Paten der Osloer Unterwelt. Als dieser ihm den Auftrag erteilt, seine Frau zu „expedieren“ trifft Olav eine folgenschwere Entscheidung…
Meine Meinung:
Zu Jo Nesbø, der mit der „Harry Hole“-Reihe weltbekannt wurde, braucht man wohl nicht mehr viele Worte verlieren. Mit „Blood on Snow“ hat er nun den Auftakt für eine neue Reihe vorgelegt. Die Thriller dieser Reihe hängen nicht direkt zusammen, haben aber Vieles gemeinsam: Sie sind schnell und intensiv. Ihre Protagonisten sind „harte Männer mit Herz, die eine folgenschwere Entscheidung treffen müssen“. Der erste harte Mann aus dieser Reihe ist nun Olav. Er charakterisiert sich selbst wie folgt: Er schafft es nicht, langsam zu fahren, ist weich wie Butter, verliebt sich viel zu schnell und verliert den Kopf, wenn er in Wut gerät. Außerdem ist er schlecht in Mathe, hat eine Menge gelesen, weiß aber wenig und sicher nichts Nützliches. Und er „schreibt langsamer, als ein Stalaktit wächst“.
Olav ist ein Auftragskiller, zu seinen Opfern hart und für seine Kunden verlässlich. Also eigentlich ein klassischer Bad Guy. Dennoch war Olav mir von Anfang an sympathisch. Er ist auf seine Art eine verlorene Seele. Jemand, der sich in seinem Leben an zwei, drei wichtigen Wegpunkten leider für die falsche Richtung entschieden und gute Chancen ungenutzt hat verstreichen lassen. Kurzum: Olav ist eine tragische Gestalt, die sich aber trotz aller Widrigkeiten und Härten des Lebens ein gutes Herz und eine große Portion Anstand bewahrt hat. Genau aus diesen Gründen mag ich Olav.
Sehr passend hierzu legt Nesbø in diesem Thriller teilweise eine poetische, fast schon lyrische Art zu schreiben an den Tag, die ich von ihm bislang in dieser Form noch gar nicht kannte. Hinzu kommen noch eine wohldosierte Dramatik und stellenweise eine bittersüße Ironie.
Die Story an sich ist überraschend kurz (netto ca. 170 Seiten), weist aber trotzdem eine Menge Tiefgang auf und ist in sich stimmig und geschlossen. Hier gibt es keinen „unnötigen Ballast“, nur um auf eine vorgegebene Mindestseitenanzahl zu kommen. Es ist sehr einfach in die Handlung hineinzukommen, die Anzahl der Protagonisten ist überschaubar und diese sind dank markanter Beschreibungen gut auseinanderzuhalten. Jo Nesbø schafft es problemlos, auf den 170 Seiten alles unterzubringen, was einen guten Thriller auszeichnet: Spannung, Action und mehr als nur eine (für mich) wirklich überraschende Wendung. Chapeau!
Mich haben die Story und das Konzept der neuen Nesbø-Reihe 100%ig überzeugt. Dieser Thriller eignet sich hervorragend dafür, ihn in nur einem Rutsch von der ersten bis zur letzten Seite durchzulesen. Genau das Richtige für einen gemütlichen Leseabend auf der Couch oder auch z.B. für eine längere Zugfahrt.
Fazit:
Kurz, hart und sehr gut! Ein Thriller mit Spannung, Action, Überraschungen, Tiefgang, Poesie und Dramatik. Ein fulminanter Start zur neuen Nesbø-Reihe!