Eher beschauliche, dahinplätschernde Erzählung eines jungen Soldaten im Ersten Weltkrieg
Buchinhalt:
Sauerland, zu Beginn des 20. Jahrhunderts: die beiden Bauernsöhne Manfred und Samuel leiden unter desn Alkoholexzessen und der Gewalt des jähzornigen Vaters. Manfred versucht, seinen jüngeren Bruder und auch die Tiere des Bauernhofes zu beschützen, was ihm nicht immer gelingt. Zusammen mit Samuel hält er sich lieber im Wald auf als zuhause und als sich die Gelegenheit bietet, verlässt Manfred sein Elternhaus, um Tiermedizin zu studieren. Dann allerdings bricht der Erste Weltkrieg aus und Manfred wird eingezogen, Samuel folgt als Freiwilliger. Was dann folgt, ist das Grauen, die Ast und der Tod auf den Schlachtfeldern der Westfront. Dann wird Manfred getrennt von seinem Bruder...
Persönlicher Eindruck:
Ein Lied für den Feind erzählt die Geschichte zweier Brüder, die auf einem Bauernhof in Süddeutschland aufwachsen. Das Leben auf dem Hof, die Natur und die Tiere prägen die Brüder, vor allem der ältere, Manfred, fühlt sich verantwortlich – der Vater ist Alkoholiker, schlägt sowohl die Söhne als auch seine Frau und vernachlässigt zunehmend Haus und Hof. Sowohl Manfred als auch Samuel träumen davon, das Elend hinter sich zu lassen. Manfred versucht es über sein aufgenommenes Tiermedizinstudium, Samuel schließlich als Freiwilliger mit 16 im Ersten Weltkrieg.
Was dann folgt, ist eine bewegende, tiefgängige Erzählung eines Soldaten an der Westfront: Manfred erlebt das Grauen und den Tod in den Schützengräben, wird Zeuge von Brutalität und Gewalt, Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung, erlebt aber auch Kameradschaft und neu gewonnene verantwortung.
Als Weihnachten 1914 näher rückt und schließlich der Heilige Abend da ist, kommt es zu einer Waffenruhe zwischen den Engländern und den Deutschen. Zwischen den Schützengräben singen die verfeindeten Parteien Weihnachtslieder, tauschen Lebensmittel und stellen fest: die anderen sind dieselben armen Teufel wie man selbst.
Das als Weihnachtsfrieden geschichtlich verbürgte Ereignis ist zentraler Bestandteil der Weltkriegserzählung, die Manfreds Leben als Soldat beschreibt. Wechselweise erzählt Muhl die Geschichte in zwei Zeitlinien, einmal die Gegenwartserzählung aus der Kriegszeit und dazwischen in Rückblenden die Vergangenheit und Jugend der beiden Brüder. Insgesamt ist die Geschichte trotz der brisanten Thematik eher beschaulich, ein wirklicher Reißer ist sie nicht. Auf langer Strecke erzählt Manfred vom Alltag, den Kämpfen und dem Leben als Soldat, doch wirklich schonungslos berichtet die Geschichte nicht. Der Roman ist also auch für zartere Gemüter geeignet.
Als christlicher Roman wohnt der Geschichte auch eine christliche Grundidee inne, es geht um Gottvertrauen, Vergebung, den Glauben an sich, wobei der christliche Aspekt wirklich sehr dezent und sparsam in die Handlung eingewoben ist.
Was ich jetzt nicht ganz so glaubhaft fand, ist der Aha-Effekt zum Schluss hin. Ich möchte hier nicht zu viel verraten, aber Muhls Auflösung hinsichtlich des Vaters passt so rein gar nicht zu dessen vorheriger Gleichgültigkeit als Dauersäufer. Hier trägt sie dann doch etwas dick auf und so wirkt diese Passage doch sehr konstruiert. Auch die Liebesgeschichte zwischen Manfred und Fanny spielt sich nur ganz am Rande ab und ist für die eigentliche Handlung eher unwichtig.
Ich fand den Roman nicht schlecht, mir hat die authentische Erzählung au der Zeit des Ersten Weltkriegs gut gefallen, auch die historischen Bezüge im Anhang lasen sich sehr interessant. Dennoch war das Buch für mich jetzt kein Pageturner, der mich nur so an den Seiten hätte kleben lassen. Es ist einfach ein beschaulicher historischer Roman, dahinplätschernd und ohne größere Spannungselemente, den man zwar gelesen haben kann, aber nicht wirklich gelesen haben muss.