Dünne Handlung und eine unsympathische Hauptfigur - für mich eine Enttäuschung.
Buchinhalt:
New York, 1936: Erika Mann, die Tochter des Nobelpreisträgers Thomas Mann, emigriert aufgrund der politischen Situation Deutschlands in die USA, wo sie mit ihrem Kabarett „Die Pfeffermühle“ das amerikanische Publikum für die politischen Gegebenheiten in Europa sensibilisieren möchte. Im Kreis vieler ebenfalls ausgewanderter Intellektueller sucht sie ihr privates Glück, das sich aber genauso wenig einstellt, wie der Erfolg bei ihrem Kabarettprojekt….
Persönlicher Eindruck:
Erika Mann ist den meisten bekannt als älteste Tochter von Thomas Mann. Doch was war ihr eigenes, ganz persönliches Leben, ihre Errungenschaft und ihr Vermächtnis? In Gänze wird es dieser biografische Roman wohl nicht einfangen können. Die Handlung beschreibt etwas mehr als ein Jahr in Erika Manns Leben, die Zeit rund um ihre Auswanderung nach Amerika und ihr ehrgeiziges Kabarettprojekt.
Es ist für mich unsagbar schwer, meinen Leseeindruck wiederzugeben. Einerseits ist die Biografie von Erika Mann nun mal Fakt und die Autorin spielt nur mit diesem „Baukasten“, andererseits geht es nicht ohne eine Gesamtbetrachtung.
Der Schreibstil ist eingängig und leicht zu lesen, die bildhafte Beschreibung der Schauplätze hat mir sehr gut gefallen. Man bekommt einen authentischen Einblick in die damalige Zeit, das Leben in den Clubs in Harlem, in den Theatern und in Erikas intellektuelle Kreise. Eine Vielzahl an Weggefährten und Personen schafft eine historische Grundlage, in welche die Biografiehandlung eingebettet ist - durch Wust an Namen allerdings auch eine Distanz zu den Figuren. Ein Glossar gibt es im Buch leider nicht, so ist man als Leser damit fast überfordert. Im Laufe der Handlung legt sich das zumindest ein Stück weit, wenn man die wichtigsten Figuren näher kennen lernt.
Die Hauptfigur selbst machte es mir nicht leicht. Nach dem Lektüre steht fest: ich mag sie nicht. Das sage ich ganz offen - Erika erscheint mir oberflächlich und an vielen Stellen sogar berechnend, ihr Lebenswandel ist umstritten und ihr Verhalten wichtigtuerisch. Im Laufe der Handlung unterhält sie mehrere Liebschaften zu beiden Geschlechtern, wobei sie sich ihre Gespielen mehr der weniger danach aussucht, ob sie ihr bei ihren Vorhaben nützen. Ist dies vorbei, werden sie genauso schnell auch wieder „abgeschossen“. Mag sein, dass das in der Künstlerbohème dieser Zeit normal war, meine Welt ist es nicht.
Von den zahllosen Nebenfiguren erwähnen möchte ich nur ihren Bruder (Klaus), ein unsteter, labiler Charakter mit dem Problem, im Schatten seines berühmten Vaters zu stehen. Drogen und homosexuelle Kontakte, aber auch Erfolglosigkeit als Autor bestimmen sein Dasein. Erika hängt sehr an ihm, die Beziehung der Geschwister ist merkwürdig eng und nicht wirklich normal. Die anderen Nebenfiguren sind mehr oder minder eindimensional und blieben mir dadurch leider nicht längerfristig im Gedächtnis.
Die politischen Gegebenheiten der Zeit, die die Basis und den Hintergrund für den Roman bilden, werden nicht vertieft, allenfalls angeschnitten. Die Handlung ist durchweg linear und behandelt einen Abschnitt von insgesamt 15 Monaten im Leben der Protagonistin. Leider passiert darin einfach zu wenig, die fast 450 Seiten Buchumfang sind nicht wirklich gerechtfertigt und stellenweise einfach langatmig.
Erika geht in die USA, plant Kabarett, Kabarett floppt. Davor, danach und dazwischen zahlreiche Affären und Liebschaften mit Männern und Frauen… Das war’s aber auch schon. Schade, für mich war das leider zu wenig.
Mein Fazit: ein biografischer Roman mit einer mir nicht sonderlich sympathischen Hauptfigur, die mich überhaupt nicht fesseln, berühren oder gar mitreißen konnte. Für mich eine Enttäuschung, die die Erwartungen bezüglich der in der Literatur so hoch gelobten Manns leider gar nicht erfüllen konnte.