5. Teil einer Familiensaga um eine Grafenfamilie aus Pommern, hier zur Zeit der Weimarer Republik – hat mir gut gefallen.
Buchinhalt:
Pommern im Herbst 1923: Konstantin ist inzwischen Gutsherr und hat Schulden – die Hyperinflation und die dadurch entstandene Geldentwertung treffen die Adligen genauso, wie die Bediensteten. Die vermeintlich einzige Rettung: Sommergäste. Auch wenn dadurch wieder Geld in die Kasse fließt und mit der Rentenmark das Gröbste überstanden scheint, hat die Familie von Auwitz-Aarhayn auch noch familiäre Probleme. Katharina kann endlich Medizin studieren, sieht sich aber den Anfeindungen ihrer männlichen Kommilitonen ausgesetzt und gleichzeitig macht Konstantins dominante Mutter der Familie auf dem Gut das Leben schwer….
Persönlicher Eindruck:
„Silberstreif“ ist der inzwischen fünfte Band der Saga um die Grafen-Familie, der Schauplatz wechselt zwischen den Familienzweigen auf dem pommerschen Gut und dem in Berlin. Wir befinden uns inzwischen in der Weimarer Republik, der Erste Weltkrieg ist beendet und das Kaiserreich abgeschafft. Durch die verheerende Geldentwertung weiß Konstantin nicht, ob er das Familiengut halten kann, denn Erspartes ist schon am nächsten Tag nichts mehr wert und die Entbehrungen des Krieges sind noch lange nicht vorbei. Auch in Berlin herrschen Hunger und Not in der Bevölkerung. Während die einen sich auf die Veränderung einlassen, sehen sich andere nach der Vergangenheit und dennoch stehen alle am Vorabend einer ganz neuen Ära.
Ich wußte vorab nicht, dass es sich bei diesem Roman um einen Teil einer größeren Saga handelt. Trotzdem fasste ich beim Lesen nach kurzer Zeit Fuß in der Handlung und konnte dem Roten Faden der Erzählung alsbald folgen. Dennoch würde ich das Buch nicht als Einzelroman empfehlen, da die Handlung auf die Vorgängerbände aufbaut und man mit Vorwissen einfach noch mehr Genuss beim Lesen hat.
Gut gefallen hat mir, dass sich die Geschichte auf mehreren Ebenen abspielt: Hauptaugenmerk ist zweifellos das Gut in Pommern, Konstantins Familie. Daneben ist man als Leser aber auch zu Besuch bei den Verwandten in Berlin: der Schwestern des Grafen und ihrem Gatten, dem Sohn eines reichen Fabrikanten und man wird zudem Zeuge des Lebens der Angestellten auf Gut Greifenau.
Trotz der Fülle an Namen und Personen findet man sich schnell zurecht, ein Namensregister und mehrere Landkarten erleichtern das Verständnis.
Der Schreibstil ist angenehm eingehend, die Figuren ausgefeilt und sympathisch. Der historische Bezug ist in meinen Augen gut recherchiert und vermittelt dem Leser ein gutes Gefühl, den Roman in der Geschichte Deutschlands zu verorten. Nachvollziehbar fand ich, wie die Personen das politische Geschehen erleben und wurde Zeuge des Wandels zwischen Monarchie, Krieg und Demokratie, der sich in den gut fünf Jahren innerhalb der Erzählung abspielt.
Was mir persönlich allerdings komplett fehlte, war eine Bildhaftigkeit hinsichtlich des Schauplatzes. Die Geschichte hätte sich überall in Deutschland abspielen können – dass der Roman in Pommern spielt, hatte keinerlei Wirkung, Einfluss oder Effekt. Ich hatte mir eigentlich erhofft, dass die Autorin die Landschaft und den Menschenschlag Pommerns vor meinem inneren Auge lebendig macht, wie es andere vergleichbare Romane konnten. Leider Fehlanzeige – das hat mich etwas enttäuscht. Gerade der Schauplatz war ein Kriterium für meine Wahl dieses Romans.
Das Augenmerk liegt unzweifelhaft auf den Personen, das Setting an sich bleibt oft farblos und erzeugte wenig Kopfkino. Dennoch fühlte ich mich gut unterhalten, keine Frage.
Der Schluss ist offen und die Geschichte endet mitten in der Handlung, so dass ich von einem weiteren Band ausgehe, der dann wahrscheinlich zu Beginn des Zweiten Weltkriegs spielt. Alles in allem kann ich die Reihe jedem empfehlen, der vor opulenten Familiengeschichten nicht zurückschreckt und historische Romane der jüngeren Vergangenheit zu schätzen weiß.