Neuanfang in der Nachkriegszeit - leider mit erheblichen Längen und einer zunehmend unsympathischeren Hauptfigur...
Buchinhalt:
Nach ihrer Vertreibung aus dem Böhmerwald erreichen Erika und ihre Tante Mimi zunächst Österreich, wo sie für einige Zeit bei Verwandten unterkommen. Erika will studieren, doch als Tante Mimi nach Deutschland ausgewiesen wird, reisen die beiden weiter nach München. Nirgendwo scheinen die Sudetendeutschen wirklich willkommen – doch mit der Ehe mit dem Studenten Erich wird Erika schließlich sesshaft. Währenddessen sinnt der ehemalige Geliebte von Coelestin nach Rache für den Tod seines Gefährten – und weder Erika noch deren Verwandte und Freunde ahnen von der Gefahr, in der sie schweben....
Persönlicher Eindruck:
Im zweiten Teil ihrer Böhmen-Trilogie ist der Zweite Weltkrieg gerade vorbei und die Menschen aus dem sudetendeutschen Hohenfurth rund um Erika und ihre Tante müssen ganz neu anfangen. Mit nichts als dem, was sie am Leib trugen, mussten sie den Böhmerwald verlassen – doch nicht ohne ihre Träume und die Hoffnung auf eine neue Zukunft.
Sehr bildgewaltig und lose basierend auf den Erlebnissen ihrer Vorfahren beschreibt Sonnberger eine bewegte und schicksalsträchtige Zeit. Schon nach wenigen Seiten ist man als Leser erneut mitten in der Handlung, die sich nahtlos an die Geschehnisse von Teil 1 anknüpfen. Coelestin ist tot, die Heimat verloren und Erika sehnt sich nach einem selbstbestimmten Leben außerhalb der Fuchtel ihrer dominanten Tante Mimi.
Während die erste Hälfte des Buches ohne Frage spannend erzählt wird und man kaum erwarten kann, wie es weiter geht, flacht der Spannungsbogen in der zweiten Hälfte spürbar ab und wird zäh wie Kaugummi. Erika als Hauptfigur wurde mir zunehmend unsympathischer, je weiter die Geschichte fortschritt. Besonders ihre zahlreichen Männergeschichten – und jeder davon ist der, den sie „über alles liebt“ – wurden mir irgendwann einfach zu viel. Erika flattert von einem zum anderen wie ein Schmetterling von Blüte zu Blüte: erst ist es Jakub, dann Erich, dann Robert. Im Großen und Ganzen weiß sie nicht, was sie wirklich will. Erika will einfach alles: Familie, Kinder, Studium, Freiheit, Malerei, Schreiben, Pharmazie - ist aber nie richtig ausdauernd und kann mir als Leser kein Identifikationspotential vermitteln. Für mich hatte Erika keinerlei Weitblick und wurde Stück für Stück egoistischer, je mehr ich über ihr Verhalten nachdachte.
Was sehr spannend war, waren die Passagen um Kurzmann, der Coelestin rächen will und noch immer dem braunen Sumpf der Nationalsozialisten anhängt. Leider endet er wie Coelestin und (ein Schelm wer Böses dabei denkt) auch mit ihm wusste Sonnberger am Ende nichts mehr anzufangen, ebenso wie mit Tante Mimi, die ab der Hälfte einfach nicht mehr auftaucht.
Inhaltlich erschließt sich mir nicht mehr wirklich, wieso auch noch ein dritter Band folgen soll: im Grunde ist alles Interessante gesagt. Natürlich bin ich neugierig, wie mich die Autorin wieder mehr an ihre Saga fesseln möchte – andererseits konnte Band 2 nicht an den fulminanten Einstieg anknüpfen. Letztendlich kann ich nur eine mittlere Bewertung vergeben, mehr gab Aufbruch voller Sehnsucht für mich einfach nicht her.