Bewegende Autobiografie gepaart mit tiefer Frömmigkeit, die ich gegen Ende leider zu sehr „amerikanisch“ empfand.
Buchinhalt:
In ihrer Autobiografie beschreibt Autorin Eleanor Isaacson ihr Leben als von den Eltern ungeliebtes und weggegebenes Kind im Zweiten Weltkrieg über die Zeit des Kalten Krieges bis hin ins hohe Alter, als ihr Herz schließlich eine Heimat gefunden hat. Dabei geht es um Verlassensein, den Hunger nach Liebe und schließlich ihre Hinwendung zu Gott.
Persönlicher Eindruck:
Eleanor ist zwei Jahre alt, als ihre Mutter das Kind zurück in die alte Heimat Deutschland bringt und bei einer Tante lässt. Das Mädchen ist in der zerrütteten Ehe ihrer in die USA ausgewanderten Eltern scheinbar nur im Weg und so entledigt sich die Mutter dem Kind. Bei ihrer Tante in Plauen wächst sie behütet auf, erfährt dort aber ebenso keinerlei emotionale Nähe. Den Alltag der Menschen bestimmt die Zeit des Nationalsozialismus und der Krieg hält schließlich Einzug in Eleanors Welt – die Tage sind bestimmt vom täglichen Überlebenskampf und der Flucht von den fallenden Bomben.
Die inzwischen hochbetagte Eleanor Isaacson erzählt von ihrer Kindheit und Jugend, von Entbehrungen und emotionaler Kälte. Schon früh spürt das Mädchen jedoch, dass da einer ist, der ihr Leben beschützt – und der ihren immensen Hunger nach Liebe und emotionaler Stabilität zu stillen vermag. Eleanor vertraut sich ihm an, obwohl sie aus frühester Kindheit so gut wie nichts von ihm weiß. Was sie jedoch weiß: es ist da jemand, der sie und ihre Tante aus dem Bombenhagel gerettet hat und auch später nie von ihrer Seite wich.
Der Stil, wie die Autorin aus ihrem Leben erzählt, gefiel mir gut, man ist sofort ein Teil der Geschichte und erlebt das, was Eleanor erlebt, auf jeder Seite mit. Trotz aller Dramatik und dem sensiblen Thema ihrer Lebensumstände muss aber auch erlaubt sein, Kritik anzubringen. Und das tue ich in drei Punkten.
Punkt 1: Eleanors Überzeugung, von Gott „erwählt“ worden zu sein. Ich stelle es keinesfalls in Abrede und bin sicher, dass Gott bei der Rettung von Eleanor und ihrer Tante seine Hand im Spiel hatte. Was mir allerdings etwas aufstößt: Eleanor verwendet nicht einen Gedanken darauf, das ihre eigene Rettung zum Preis anderer Menschenleben geschieht. Die Bomben fallen ja nicht statt dessen auf unbewohntes Gebiet. Dennoch fragt sie sich nie: waren die anderen Opfer es nicht wert, ebenfalls gerettet zu werden?
Punkt 2: Eleanors Erzählung von den Weihnachtsfesten im Dritten Reich. Sie spricht von Christbäumen als Symbol der Sonnwende und dem Nikolaus als Gott Odin. Das mag möglicherweise im Osten so gewesen sein (zudem sagt sie selbst, dass ihre Familie nichts mit der Kirche am Hut hatte), allerdings weiß ich von gleichaltrigen Zeitzeugen aus meiner eigenen Familie, dass die kirchlichen Feste in ihrer ursprünglichen Form sehr wohl gefeiert wurden und nicht jedermann sie mit germanischen Gottheiten in Verbindung gebracht hat. Die Verallgemeinerung des Buches stört mich hier ein bisschen.
Punkt 3: Eleanors „Missionseifer“. Etwa ab der Hälfte, als Eleanor nach Amerika übersiedelt, wird das Buch bezüglich der Frömmigkeit schon sehr „amerikanisch“. Eleanor beginnt zu missionieren, und das bei jeder Arbeitsstelle. Möglicherweise ist das in den USA so üblich und normal, für mich war das aber schon hart an der Grenze dessen, was für mich beim Lesen noch angenehm ist. Ich empfand das Ganze dann doch etwas konstruiert – wie auch die Tatsache, dass Eleanor sowohl ihren Ehemann Bob, ihre Schwiegermutter und ihre eigene Mutter letztendlich zum Christentum bekehrt haben will.
Inhaltlich untermalt und veranschaulicht wird das Erzählte von passenden Bibelzitaten und mehreren Farbseiten mit Originalfotos aus dem Besitz der Autorin.
Fazit: Eine interessante und bewegende Lebensgeschichte mit tiefer Glaubensüberzeugung – ein authentisches Zeitzeugnis aus der jüngeren Vergangenheit, das Themen behandelt wie Verlust, Ablehnung und Entbehrung, aber auch Hoffnung und Gottvertrauen.